Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist in Kiew offenbar eine unerwünschte Person. Darüber wird sich vor allem einer freuen: Putin.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Es ist ein (un)diplomatischer Affront sondergleichen: Der ukrainische Präsident Selenskyj hat seinem deutschen Amtskollegen signalisiert, dass er auf dessen Besuch in Kiew aktuell keinen Wert lege. Das ist die zweite grobe Attacke gegen Frank-Walter Steinmeier nach den harschen Vorwürfen des ukrainischen Botschafters Melnyk wegen dessen allzu russlandfreundlicher Politik bis in die jüngere Vergangenheit. Der Bundespräsident hatte prompt reagiert und auf bisher beispiellose Weise Selbstkritik geübt – womit er Selenskyj offenbar nicht überzeugen konnte –, wem seine Solidarität vorrangig gilt.

 

Etwas mehr Fingerspitzengefühl

Das deutsche Staatsoberhaupt ist in dem von Putins Gewalt heimgesuchten Nachbarstaat demnach eine unerwünschte Person. Aber gilt das auch für deutsche Hilfe, die sich in zwar verspäteten, aber umfangreichen Waffenlieferungen ausdrückt? Dafür wird niemand Dankbarkeitsgesten erwarten – aber vielleicht etwas mehr Fingerspitzengefühl. Steinmeiers langwierige Blindheit für Putins wahre Natur lässt sich so nicht aus der Ferne korrigieren. Gerade im Krieg wäre es klug, zwischen wirklichen Feinden und schwierigen Freunden zu unterscheiden.