Der Bau des Altenheims auf den Brühlwiesen verzögert sich weiter. Jetzt nennt die Stadtverwaltung einen neuen Bautermin.

Weil der Stadt - Warum ist denn solch ein Filetstück immer noch unbebaut?, mag sich manch einer denken. In direkter Innenstadtlage liegen die Brühlwiesen, in Nachbarschaft zum Einkaufsmarkt verkehrlich perfekt an die Südumfahrung angebunden, zwischen E-Center, Stadtmauer und der idyllischen Würm.

 

Das, was die jetzt vorliegenden Gutachten offenbaren, zeigt den Grund – die Bebauung dort ist höchst komplex. 300 Seiten umfassen die Begutachtungen in der Zwischenzeit, die im städtischen Bauamt aufgelaufen sind. Im Juli 2014 hatte der Gemeinderat den Startschuss für die Planungen gegeben, die seitdem laufen. Denn die Brühlwiesen liegen nicht nur im Naturschutzgebiet, sondern auch im Überschwemmungsgebiet der Würm. Und auch der Denkmalschutz hat wegen der Stadtmauer sein Wörtchen mitzureden.

Keine besonders geschützten Holzkäferarten

Mit dem Umweltschutz zum Beispiel hat sich der Landschaftsarchitekt Christof Helbig vom Leonberger Büro „Schmid, Triber und Partner“ beschäftigt, denn die Brühlwiesen liegen im „Landschaftsschutzgebiet Heckengäu“. Einfacher ist es, in dem umfangreichen Gutachten zu zitieren, was kein Problem darstellt: „Dagegen wurden im Vorhabenbereich keine nach nationalem Recht besonders geschützten Holzkäferarten festgestellt“, heißt es da.

Gefunden wurden aber 46 Vogelarten, zum Beispiel der Eisvogel, der Grauschnäpper oder der Mauersegler. Zudem sind sechs Fledermausarten nachgewiesen, und – besonders heikel – eine Zauneidechse. „Man geht davon aus, dass sechs weitere Exemplare dort leben, wenn man eine findet“, erklärte Helbig in der Gemeinderatssitzung. Er machte deutlich, dass das kein banales Problem für die Baupläne ist: „Im Landschaftsschutzgebiet dürfen Sie normalerweise überhaupt nicht bauen.“ Er stehe darum mit dem Naturschutzamt im Landratsamt Böblingen in Kontakt, wo es bereits grünes Licht für eine Ausnahme gegeben habe. Für die Zauneidechsen ist zudem das Regierungspräsidium zuständig, das ebenfalls signalisiert habe, einer Umsiedlung der Echsen zuzustimmen. „Wenn es von dort kein Okay gegeben hätte, wäre das das Ende des Projekts“, sagte Helbig. Tausend Quadratmeter Fläche müssen nun her, auf die die Echsen umziehen können. Mit Kosten von rund 11 000 Euro rechnet das städtische Bauamt allein dafür. „Wir werden das bewältigen“, sagte Christof Helbig.

Bleiben die anderen Probleme. Das drohende Hochwasser der Würm umgehen die Planer, indem sie das Seniorenheim auf einen Hügel bauen. Einziger Knackpunkt ist jetzt noch der Denkmalschutz, denn das neue Seniorenheim würde den bisher freien Blick auf die Stadtmauer versperren. „Ich gehe davon aus, dass wir das bewältigen“, sagte der Architekt Andreas Nölle, der im Auftrag der Stadt den Bebauungsplan zeichnet. „Durch die Südumfahrung ist der Blick ohnehin schon belastet.“

Wo bleibt der Mensch?, fragt die SPD

Unter den Gemeinderäten war umstritten, wie all diese Hiobsbotschaften zu werten sind. „Ich frage mich, wo da der Mensch bleibt – der kommt doch da zu kurz“, sagte Cornelia Schmalz (SPD). Ihr grüner Ratskollege Wolfgang Fischer mahnte dagegen: „Inzwischen weiß jeder, wenn immer mehr Arten sterben, ist auch der Mensch gefährdet.“ Das solle man nicht lächerlich machen. Am Standort Brühlwiesen wollte niemand mehr rütteln.

Jetzt müssen die Pläne verfeinert und die Behörden nochmals um ihre Meinung gebeten werden. „Wir haben den Ehrgeiz, im zweiten Quartal 2019 die Baugenehmigung auszusprechen“, kündigte Bürgermeister Thilo Schreiber (Freie Wähler) an. Die Keppler-Stiftung, die Betreiberin des Seniorenheims, frage auch schon wöchentlich bei ihm nach. Spätestens Ende Juni könnte sie mit dem Bau beginnen.

Die Keppler-Stiftung aus Sindelfingen betreibt bisher schon das Bürgerheim auf dem Heinrichsberg. Weil die neue Landesheimbauverordnung, die ab 2019 gilt, den Betrieb in dem alten Gebäude nicht mehr zulässt, ist sie schon lange auf der Suche nach einem neuen Gelände. Zwei Gebäude sind nun auf den Brühlwiesen geplant, in denen 60 Plätze für die stationäre Pflege, 15 Plätze für die Tagespflege und 41 betreute Wohnungen unterkommen.