Die Stuttgarter Chorlandschaft ist äußerst vielseitig. In einer Serie stellen wir einige Beispiele vor: Chormäleon.

Lokales: Armin Friedl (dl)

S-Mitte - Eigentlich haben Studenten einer Dualen Hochschule nicht viel Zeit für einen gemeinsamen Chor: Ihr Fachstudium ist immer verbunden mit mehreren Monaten Praxisarbeit in diversen Betrieben, die diesem Ausbildungssystem angeschlossen sind. Und die sind natürlich nicht nur auf das Stadtgebiet Stuttgart konzentriert. Doch wer die Mitglieder von Chormäleon danach fragt, was sie zusammenhält, stellt fest, dass genau aus diesem Ausschwärmen-müssen der Kitt gemacht ist, der dieses Ensemble zusammenschweißt. Wie bei ihrem tierischen Namenspatron, dem Chamäleon, sind sie eben sehr anpassungsfähig und flexibel, was Größe des Chores und Stimmbesetzungen bei den Proben und bei den Auftritten betrifft. Das können mal 50 oder 60 Stimmen sein, manchmal aber auch nur 20.

 

30 Hits in vier Minuten

Chormäleon ist ein Chor mit vielen jungen Ensemblemitgliedern und vielen ungewöhnlichen Ideen. In der digitalen Welt sind sie natürlich ganz selbstverständlich zuhause. Wer Chormäleon auf der Musik- und Videoplattform Youtube sucht, findet schnell viele originelle Beiträge: Flashmobs in der Stadtbahn, umfangreiche Beiträge für die SWR-Landesschau oder der Klassiker: 30 Pophits auf vier Akkorden in viereinhalb Minuten, szenisch ausgestaltet mit ungefähr 30 weiteren Ideen.

Freiräume und Gespräche gehören dazu

Solch eine digitale Präsenz gehört heute zum guten Ton, doch für Chormäleon zählt vor allem die Gemeinschaft vor Ort, also ganz konkret etwa bei den Probenabenden. Dort gibt seit 2012 Holger Frank Heimsch als Dirigent den guten Ton vor. Der Lehramtsstudent (Musik- und Deutsch) an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg hat schon lange Musik im Blut, beginnend als Vierjähriger im Kinder- und Jugendchor der Musikschule Böblingen, später bei den Hymnus-Chorknaben. Die Proben in dem sehr zweckmäßig gestalteten Hörsaal der Dualen Hochschule in der Jägerstraße leitet er konzentriert und mit viel gestalterischem Wollen, zugleich mit gutem Gespür für Freiräume. „Die Gespräche untereinander nach den Proben gehören selbstverständlich bei uns dazu“, so Heimsch.

Die Mischung scheint zu stimmen bei Chormäleon: „Wir haben derzeit etwas mehr als 70 Mitglieder. Ein Teil davon sind Studierende und Mitarbeiter der Hochschule, dann sind Ehemalige dabei und schließlich noch Interessierte, die nicht von der Hochschule kommen“, so Manfred Lichter. Er ist seit 2003 dabei, also ein Ehemaliger, der immer noch gerne singt und der mittlerweile auch viele organisatorische Aufgaben übernimmt. „Mir gefallen die vielen guten Auftritte von Chormäleon“, so Lichter, „etwa beim Chorfestival vergangenen Jahres in Stuttgart oder bei der Landesgartenschau.“

Eigene Arrangements sind auch gefragt

„Wir sind gerne Rampensäue“, bekennt Heimsch. Und wer nun irgendwelche Ideen hat, was oder wo der Chor singen oder auftreten kann, ist immer eingeladen für neue Vorschläge. Wobei Chormäleon schon etliche Orte erobert hat, sei es der Schlossplatz oder der Fernsehturm. „Für den Videoclip in der Stadtbahn sind wir 20 mal die Weinsteige rauf und runtergefahren“, erinnert sich Heimsch, „das hat viel Spaß gemacht.“ So engagiert geht es auch in der Programmzusammenstellung zu: „Die Chormitglieder machen Vorschläge, sie entscheiden auch am Ende, was gesungen wird“, so Heimsch. Das ist mal im O-Ton, also meist englisch, das kann auch eine freche deutsche Version sein, mal a capella, mal instrumental begleitet, je nachdem. Einige Arrangements oder Übersetzungen werden selbst erarbeitet.

Und dann gibt es noch die Lust auf ein größeres, kompakteres Werk: 2006 war es das Musical „Tanz der Vampire“. Heimsch kramt in den Erinnerungen: „Dazu hat Chormäleon eine eigene Version gemacht mit eigener Choreografie, Bühnenbild, Licht, Kostüme und eigener Band. So ist eine 30-Minuten-Fassung entstanden.“ Für das nächste Jahr ist mit „Les Misérables“ ähnliches angedacht. Ein fest gesetzter Termin für Chormäleon dagegen sind die jährlichen Bachelor-Preisverleihungen im Weißen Saal des Neuen Schlosses. Denn auch das gehört zum Chor dazu: „Wir sind der Hochschule sehr verbunden, treten in den Logo-Farben schwarz und rot auf. Der Rektor ist ein großer Förderer und Gönner von uns“.

Im Dorfstadl von Eglofs

Ansonsten ist die Neugier groß auf viele Begegnungen. Eine davon hat sich ergeben mit dem Männerchor aus Eglofs bei Wangen im Allgäu. Inzwischen hat sich Chormäleon Anfang November dieses Jahres für zwei Abende in die Provinz begeben. Der gemeinsame Auftritt im Dorfstadl von Eglofs war offensichtlich ein großer Erfolg.

Für 2019 ist schon mal ein Termin gebucht: Dann feiert Chormäleon sein 20-Jahr-Jubiläum, unter anderem mit den Sängern von Eglofs. Auch intern wächst manches zusammen. „Der Chor funktioniert gut als Kontaktbörse“, erklärt Heimsch aus eigener Erfahrung, „es entwickeln sich Partnerschaften, auch schon Ehen. Inzwischen ist auch schon Nachwuchs unterwegs“.