An diesem Mittwoch feiert Der wunderbare Frauenchor sein 20-Jahr-Jubiläum im Theaterhaus

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Sie haben ein gutes Swing- und Jazzgefühl, viel Freude am Ausgestalten des Textes und der Melodien, viel Lust am Kokketieren und Überzeichnen und ein sehr gutes Gespür für Pointen: Für die Frauen vom wunderbaren Frauenchor scheint das Singen vom Blatt eher eine lästige Pflichtübung zu sein. Lieber bewegen sie sich möglichst ungezwungen im gemeinsamen Gesang.

 

Vergleiche mit Auftritten des Stuttgarter Vokal-Trios Honey Pie liegen nahe. Die Leiterin des wunderbaren Frauenchors, Ines Martinez, war zwischen 1991 und 2001 Sopranistin bei Honey Pie. „1997 haben wir Ines als Coach für einen Workshop an einem Chor-Wochenende gebucht“, erinnert sich die Sängerin Elke Ahrendrieder. Daraus sind 20 Jahre geworden. 20 Jahre, in denen sich die Gemeinschaft der singenden Frauen unter Martinez so verfestigt hat, dass dies als Jubiläum gefeiert wird: Am 6. Dezember ist das Jubiläums-Konzert um 20 Uhr im Saal zwei des Theaterhauses.

Populäres für vierstimmigen Chor

Ein Best-Of-Programm wird da geboten, ausgewählt aus den vielen Auftritten und zwei CD-Produktionen mit Pop- , Jazz- und Chanson-Stücken beispielsweise von Billy Joel, Cher, Paul Simon, Hildegard Knef, Ulrich Tukur und vielen anderen. Dem Anlass entsprechend gibt es dazu eine Live-Band mit Klaus Hügl (Piano), Leonie Hefele (Bass), Ruth Sabadino (Saxofon) und Christoph Sabadino (Schlagzeug).

Die Sängerin Iris Vargen: „Ines hat die Ideen für die Songs. Sie macht die Arrangements und weiß am besten, was zu uns passt.“ Das ist logisch, denn so gut wie kein Stück der populären Musik ist für einen vierstimmigen Frauenchor geschrieben. Dennoch werden auch die Ideen der Sängerinnen im Repertoire berücksichtigt. Ahrendrieder: „An den Chorwochenenden stellt Ines meist vor, was zu uns passen könnte. Da reden wir dann auch mit.“

Das Staunen darüber, was hier gemacht wird

Martinez sorgt für viel Abwechslung, auch bei der Gestaltung der Programme: Ein Big-Band-Abend gehört dazu, oder beispielsweise ein Billy-Joel-Abend. All die Musiken werden neu arrangiert und bekommen zum Teil neue Texte, die dann gerne auf den Chor zugeschnitten sind. „Die Handlungen werden choreografisch kommentiert“, so Martinez, „also mit Mimik, Gestik und Körpersprache wird das, was gerade gesungen wird, möglichst kreativ umgesetzt.“ Zu den Probenabenden im Generationenhaus West gehören also nicht nur Stimmübungen, sondern auch das Umsetzen von synchronen Bewegungen, ein verführerisches Lächeln, ausdrucksstarkes Händewinken, eine kühne Verbeugung vor dem imaginären Publikum und vieles andere. Da ist vieles gewachsen in diesem Chor. „Wenn heute jemand neu zu uns kommt, dann gibt es erst mal ein lautes ‚Oh!‘ und das Staunen darüber, was wir hier heute machen“, so Anke Petraske.

Anja Neumann, auch sie eine Chorsängerin, ergänzt: „Ines hat uns viel gegeben. Was sie dabei alles aus uns herausgelockt hat, das ist der Hammer. Ich hätte nie gedacht, was so alles in mir steckt. Wir wollten anfangs doch eigentlich nur singen.“ Ahrendrieder ergänzt die Kollegin: „Ines fördert und fordert uns in einem ganz hohen Maß.“

Chorleitung und freiberufliches Künstlerdasein

Dabei gibt die so viel Gelobte zu: „Anfangs hatte ich keine Ahnung von Chorleitung. Für uns Studentinnen an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg war Chorleitung eine Horrorvorstellung“, so Martinez. Und die künstlerische Karriere von Martinez machte ebenso manches kompliziert: „Die Grätsche war oft heftig zwischen der regelmäßigen Chorleitung und dem freiberuflichen Künstlerdasein. Da hat auch mal meine Choreografin oder die Stimmbildnerin die Proben übernommen“, sagt Martinez.

Ahrendrieder erinnert sich: „Das waren willkommene Abwechslungen. Aber dann war uns das Original Martinez doch lieber als die Alternativen.“ Das ist heute Geschichte, aus den Wickelkindern der singenden Mütter von einst sind Konzertbesucher geworden. Geblieben sind der Chor, die Auftritte, die wöchentlichen Proben. „Hier ist eine Gemeinschaft gewachsen, die weit über das Singen hinausgeht“, sagt Martinez.

Männer sind willkommen als Helfer und als Besucher

Eine Gemeinschaft, die hilft, Schicksalsschläge wie schwere Krankheiten, Arbeitslosigkeit oder Scheidungen zu bestehen. Und bei einer Altersspanne von etwa 15 Jahren in dieser Chorgemeinschaft werden viele Erfahrungen weitergegeben. Der Probentermin einmal in der Woche ist kinderfrei. Wobei Kinder, Männer, Freunde und Freundinnen willkommen sind – als Konzertbesucher. Und als Helfer, denn zu organisieren gibt es immer viel rund um die Auftritte.

Stuttgarts Chorszene ist vielfältig. Von Profis, die bundesweit in der Gesangsszene unterwegs sind, bekommt sie sehr viel Lob, aber es gibt auch Verbesserungsvorschläge. In einer Serie stellen wir einige Stuttgarter Chöre vor.