Die Beach-Volleyball-Spielerin Britta Büthe ist kurz vor dem ersten Lockdown nach Indien gezogen ist.

Bad Cannstatt - Was für ein Kontrast! Genau zur Ankunft von Britta Büthe und ihrem Mann Korwin in der Millionen-Metropole Mumbai, feierten die Einwohner mit dem hinduistischen Holi-Fest den Frühlingsanfang. Mit Farbpulver und viel Wasser, mit Musik und Tanz – ein wunderbarer Einstieg in den nächsten Lebensabschnitt der einstigen Beachvolleyball-Nationalspielerin, die ihrem Ehemann zu dessen neuer Arbeitsstelle folgte. Doch dann: Rummms. Dann kam der Lockdown. Nichts ging mehr. Von Mitte März bis Mitte Juli.

 

Offenbar eine sehr spaßige Truppe

Der Start in das Abenteuer Indien wurde in ein Hotel verlegt, in dem die beiden zum Glück ein Zwei-Zimmer-Studio erwischten. Vier Monate auf engsten Raum für das frisch verheiratete Paar, dass es in den Jahren zuvor gewohnt war, um den Erdball zu reisen – getrennt. „Das hätte durchaus auch anders verlaufen können, aber wir hatten es sehr harmonisch“, blickt Britta Büthe zurück und lacht. „Und mit uns herum waren lauter andere in Mumbai Gestrandete einquartiert.“ Diese Zwangs-Kommune entwickelte sich offenbar zu einer sehr spaßigen Truppe, weil sie in der räumlichen Enge immer mehr zusammenschweißte. Mit Spiele-Abenden, mit gemeinsamen Sporteinheiten auf dem Gelände, mit gemeinsamen Abendessen. Und tagsüber wurde eben gearbeitet. Ehemann Korwin hat seine Arbeitsstelle als Leiter der Patentrecht-Abteilung eines internationalen Chemie-Riesen übernommen und machte aus seinem Hotelzimmer ein Home-Office, Britta Büthe arbeitet weiter für ein Berliner Wissenschaftsdatenbank-Unternehmen, nun eben von Indien aus. Aber die Entdeckungsreisen, die sich das Paar für die arbeitsfreien Wochenenden vorgenommen hatte, um Land und Leute kennenzulernen, waren aufs Erste verschoben. Das Hotel durfte nicht verlassen werden.

„Dennoch hatte alles auch gute Seiten. Es haben sich zum Beispiel tolle Freundschaften entwickelt“, berichtet Büthe. „Einerseits mit den anderen Einquartierten, aber auch mit den im Hotel angestellten Einheimischen, die uns tolle Insider-Tipps geben konnten.“

In der ganzen langen Zeit während des Shutdowns gab es für die Hotelbewohner keine nennenswerte Probleme. Im Gegenteil, die Abgeschiedenheit habe auch ein gewisses Gefühl der Sicherheit vermittelt. „Es gab nur einmal einen Moment, als es mir ein bisschen mulmig wurde. Da hieß es, dass alle Krankenhäuser voll mit Corona-Patienten seien und niemand mehr aufnehmen können“, fährt Büthe fort. „Aber das hat sich dann wenig später als eine Falschmeldung herausgestellt.“

Wohnung im 23. Stock

Und dann, endlich, Mitte Juli endete der Lockdown. Das Ehepaar konnte schließlich in die erste gemeinsame eigene Wohnung ziehen, die schon längst bereitstand. „Wir sind im 23. Stock mit einem einmaligen Blick.“ Und seit Ende September geht es wie geplant, regelmäßig am Wochenende auf Ausflüge und Entdeckungstouren. Mit Arbeitskollegen oder einem befreundeten französischen Paar, dass sie im Hotel-Lockdown kennengelernt haben. Und mit einheimischen Fahrern, die bei Bedarf auch von Englisch nach Hindi übersetzen können. Und so versuchen die beiden, die immense Vielfältigkeit des Landes zu begreifen. „Ich werde das so oft gefragt: Wie ist es in Indien? Aber das ist so schwer zu beantworten“, sagt Büthe. „Wir leben als Ausländer relativ sicher in unserer Community. Aber 500 Meter weiter die Straße runter steht man plötzlich in einem Slum. Das sind alles sehr intensive Erfahrungen.“ Und der Verkehr, mit den vielen hupenden Fahrzeugen, ist extrem gewöhnungsbedürftig. „Auf meinen Reisen um die Welt habe ich ja viel erlebt, aber die Inder sind im Straßenverkehrschaos nicht zu toppen.“

Zwar sind immer noch Trips in andere Bundesstaaten untersagt, aber das tägliche Leben läuft relativ normal. Seit Ende September haben auch die Restaurants wieder geöffnet und auch die großen Shopping-Malls. „Merkwürdigerweise gehen seitdem offiziell die Infektionszahlen wieder runter, was allerdings schwer zu verstehen ist. Aber kann man den Zahlen trauen? Offiziell gibt es jedenfalls keine zweite Welle“, berichtet Britta Büthe, die an der Universität Hohenheim Lebensmitteltechnologie studiert hat. Zur besonderen Freude der ehemaligen Profi-Beachvolleyballerin und Olympia-Neunte von Rio 2016 gibt es auch eine Beachvolleyball-Community, in die sie sich einbringen kann. Am hippen Juju Beach hat sie eine Trainingsgruppe übernommen, die sich dort einmal pro Woche trifft, morgens um 7 Uhr, bevor es heiß wird. „Ich bin meistens schon um 6 Uhr dort, trinke einen Kaffee und schaue mir den herrlichen Sonnenaufgang an“, sagt Büthe. Die Gruppe der Teilnehmer ist in etwa von 10 bis 50 Jahren alt, und besonders mit den Jüngeren macht die Arbeit sehr viel Spaß. „Die haben richtig Bock zu lernen.“

Das faszinierende Leben in Indien hat vorerst die Coronasorgen vertrieben. Und irgendwie schließt sich in Indien ein Kreis, der vor über 30 Jahren in den USA begonnen hat. Britta Büthe kam wegen des beruflich bedingten Auslandsaufenthaltes ihres Vaters einst in Michigan zur Welt. Nun weilt sie selbst mit ihrem Mann fern der Heimat, rund 8000 Kilometer von Stuttgart entfernt.