Das Leben ist zu kurz, um es mit schlechten Serien vor dem Fernseher zu verschwenden. Unser Schnelltest verrät, ob es sich wirklich lohnt, sich auf eine neue Serie einzulassen. Wir haben für Sie gesehen: das psychologische Drama „Gypsy“.

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Stuttgart - Das Leben ist zu kurz, um es mit schlechten Serien vor dem Fernseher zu verschwenden. Unser Schnelltest verrät, ob es sich wirklich lohnt, sich auf eine neue Serie einzulassen. Wir haben für Sie gesehen: die erste Episode des Psychodramas „Gypsy“.

 

Worum geht es?

Die Psychotherapeutin Dr. Jean Holloway führt ein Doppelleben. Sie sehnt sich zurück in die Zeit, in der sie noch ein bisschen wilder war, träumt vom Leben der anderen, wünscht sich heimlich weg aus ihrem Vorstadtidyll mit ihrem perfekten Haus, ihrem perfekten, fürsorglichen Ehemann und ihrer perfekten, putzig-wilden Tochter. In Therapiesitzungen spricht sie gerne davon, wie unverzichtbar Kommunikationsfähigkeiten für Beziehungen sind, dass es auf Vertrauen, Hingabe, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit ankommt. Im coolen Coffee-Shop um die Ecke nennt sie sich dann aber Diane, gibt sich als Journalistin aus, flirtet ausgerechnet mit Sidney, der Ex-Freundin eines Patienten, denkt sich immer Lügengeschichten aus – und lässt sich auf ein gefährliches Spiel ein, bei dem sie allmählich die Kontrolle verliert.

Was soll das alles?

„Es gibt eine Kraft, die stärker ist als unser freier Wille. Und das ist das Unbewusste“, sagt Jean. „Der Schlüssel zur absoluten Glückseligkeit ist Verdrängung“, sagt Sidney. „Gypsy“ kommt ein bisschen wie eine Psychologielektion für Fortgeschrittene daher, ist aber auch ein mit atmosphärischen Bildern konzentriert inszeniertes Drama voller starker, geheimnisvoller Frauen.

Wer spielt mit?

Naomi Watts („Mulholland Drive“, „The International“) interpretiert die Figur der Jean Holloway mit einem bitteren, kühlen Unterton. Billy Crudup („Alien: Convenant“, „Spotlight“) spielt Jeans Ehemann, Sophie Cookson („Kingsman: The Secret Service“) Sidney.

Wer steckt dahinter?

Nicht nur vor der Kamera dominieren Frauen: Lisa Rubin hat sich die Serie ausgedacht. Auch bei der Produktion und der Regie haben fast ausschließlich Frauen das Sagen.

Der Dialog des Tages

Jean: „Sie führen offensichtlich ein ziemlich aufregendes Leben.“ Sidney: „Heißt das, Sie finden, dass ich eine Schlampe bin?“

Das Zitat des Tages

„Wie eitel es ist, sich zum Schreiben niederzusetzen, wenn man nie wirklich gelebt hat!“ Sidney zitiert beim ersten Date Henry David Thoreau.

Der Song des Tages

Das Warten bis zum Abspann lohnt sich: Stevie Nicks hat die 35 Jahre alte Fleetwood-Mac-Nummer „Gypsy“ für die Serie noch einmal neu eingespielt – als berückende Klavierballade.

Was sonst noch so auffällt

„Gypsy“ lässt sich auch als eine Variation von „Alice im Wunderland“ interpretieren. Inmitten von New York City versteckt sich das „Rabbit Hole“, der Kaninchenbau, der in diesem Fall eine Kaffeebar ist. Hier beginnt Jeans wundersame Reise in eine andere Welt beziehungsweise zu einem anderen Ich.

Wer soll das gucken?

Die Serie verspricht ein psychologischer Slowburn-Thriller zu werden. Wer behutsam entwickelte, verrätselte Charaktere mag und Storys, die wie ein Puzzlespiel erst nach und nach Sinn ergeben, ist hier richtig.

Wer nicht?

Wer ein rasantes Schnitttempo bevorzugt und Geschichten, die schnell zur Sache kommen, ist hier falsch.

Gesamtnote

2

Alle zehn Episoden der ersten Staffel der Serie „Gypsy“ sind von diesem Freitag an beim Streamingdienst Netflix abrufbar.