Der ägyptisch-stämmige US-Komiker Ramy Youssef erzählt in der ersten Staffel von „Ramy“ bei Starzplay witzig und hellsichtig von den Problemen eines jungen Muslims in New York.

New York - Das sei, meint einer von Ramys Kumpeln, aber ziemlich rassistisch. „Rassistisch?“, entgegnet der in den USA aufgewachsene Sohn ägyptischer Einwanderer etwas fassungslos. „Muslim ist doch keine Rasse! Das ist ein Glaube!“ Womit er wirklich recht hat. Und womit eines der Themen der großartigen Comedy-Serie „Ramy“, die in Deutschland beim Streamingdienst Starzplay zu sehen ist, angeschlagen wäre: Ständig geht es hier um das, was die anderen glauben, wie und wer man sei, wenn man Muslim ist. Aber auch um die Fragen, die man sich dann selbst stellt. Steht man verloren zwischen den Kulturen? Hat man die Wahl zwischen dem Besten verschiedener Welten? Verrät man die eine Kultur, wenn man Elemente der anderen vorzieht?

 

Im konkreten Fall geht es um die Erwartungen, die man an die Partnerin hat. Ramy kennt eigentlich nur Mädchen, die keinen muslimischen Hintergrund oder sich völlig davon gelöst haben. Seine Familie, bei der er aus ökonomischen Gründen immer noch wohnt, findet, er könne sich doch ruhig mal mit einem konservativen Mädchen aus der eigenen Sphäre treffen. Der ein oder andere ältere Herr in der Moschee ist noch sehr viel entschiedener der Meinung, dass nur Frauen mit züchtiger Ganzkörperbedeckung achtbare Frauen seien. Ramy findet das zwar so übertrieben wie die Idee, Gott wolle unbedingt, dass er sich mehrmals am Tag zwischen den Zehen wasche. Aber interessiert, wie so ein konservativeres ägyptischstämmiges Mädchen tickt, ist er nun doch.

Dating-App für Muslime

Genau das hält sein Kumpel Steve (Steve Way) für rassistisch: Dass sich Ramy nun unter einer bestimmten Sorte junger Frauen umsieht. Wobei die Frage, wie traditionell das alles sein kann, schon von der Art der Suche ad absurdum geführt wird: Ramy hat eine Dating-App namens Muzmatch auf dem Smartphone. Die ist übrigens kein Scherz, die gibt es wirklich: „Where single Muslims meet – halal, free and fun“ lautet ihr Werbeslogan. Nour (Dina Shihabi) aber, die zum ersten Date mit einem Wasserpfeife rauchenden männlichen Anstands-Wauwau erscheint, wird ihm von seiner Mutter empfohlen, getreu dem jubelnden Versprechen: „Wir finden eine für Dich!“

Nur ist Nour dann am Ende des Dates eine ziemlich entfesselte Bekanntschaft. Sie geht Ramy stürmisch an, stellt die Rollenerwartungen auf den Kopf und hat auch noch etwas andere Sexerwartungen: „Würg mich, während ich mich fingere!“ Ramy bricht da ziemlich zusammen, und auch der Hinweis, falls er konservativere Wertvorstellungen habe, könne man ja rasch eine sofort wieder auflösbare Telefontrauung vom Auto aus einfädeln, dann werde das Ganze zum ehelichen Sex, hilft nicht wirklich weiter.

Jungsein in verwirrenden Zeiten

Ramy Youssef, Jahrgang 1991, hat schon als Stand-up-Comedian gezeigt, wie kulturelle Verständigung – also Verständigung über kulturelle Differenzen – in einer modernen Vielfaltsgesellschaft funktioniert. In der Serie „Ramy“, die in den USA vom Sender Hulu produziert wird, läuft er zu ganz großer Form auf. Es geht auch, aber nicht nur um die muslim-amerikanischen Erfahrungen, es geht ums Jungsein in verwirrenden Zeiten, um universale Erfahrungen und um die Erkundung ganz unterschiedlicher Lebenswelten. Manchmal erinnert Ramy an den Woody Allen in seiner ersten Reifephase, nur dass er eben ein vielfältigeres New-York-Bild liefert.

Ramy, anfangs noch bei einem Start-up beschäftigt, wird bald arbeitslos und in existenziellen Nöten sein. Er wird jüdische Mädchen und konservative Juden kennenlernen, aber durch Vermittlung seines Onkels, der rabiater Antisemit ist – und zugleich als Diamantenhändler mit seinem Erzfeind profitabel zusammenarbeitet. Ramys Welt ist so wunderbar widersprüchlich und verwirrend wie die Realität – nur viel lustiger.

Verfügbarkeit: Beim Streamingkanal Starzplay, alle zehn Folgen der ersten Staffel bereits abrufbar