Die neue Pensionsregelung für Beamte geht nach Ansicht des Bürgermeisters zulasten der Kommunen. Jetzt hat die Gemeinde dagegen Klage eingereicht.

Sersheim - Der Sersheimer Bürgermeister mag ein temperamentvoller Mensch sein. Aber missgünstig sei er ganz sicher nicht, betont Jürgen Scholz: „Wir gönnen unserem ehemaligen Kämmerer alle Pensionsansprüche.“ Doch bei der Frage, wo er diese erworben hat, und wer finanziell für sie gerade steht, sieht Scholz ein arges Ungleichgewicht – oder, wie er es formuliert: „Wir leben doch nicht in einer Bananenrepublik.“

 

Er sieht seine Gemeinde in den Mühlen eines neuen Gesetzes, das „finanzielle Lasten nach Wildwestmanier verteilt“. Bund und Länder haben vereinbart, welcher Dienstherr im Falle eines Jobwechsels für die Pensionsansprüche von Beamten aufkommen muss. Das Ergebnis: die Gemeinde Sersheim hat unlängst vom Kommunalen Versorgungsverband mit Sitz in Karlsruhe eine saftige Rechnung erhalten: Sie soll 60 000 Euro bezahlen. Damit sollen Pensionsansprüche ihres ehemaligen Kämmerers abgegolten werden, der inzwischen Hauptamtsleiter der Stadt Neuenbürg im Nordschwarzwald ist.

60 000 Euro sind für Sersheim viel Geld

Der Clou ist laut Scholz, dass es hierbei gar nicht um Dienstzeiten des Ex-Mitarbeiters in Sersheim geht. Es gehe um zwölf Jahre, die er bei der Bundeswehr abgeleistet habe. „Das halten wir für absolut nicht in Ordnung“, wettert Scholz. Der Bund sei bei dieser Regelung fein raus, obwohl 60 000 Euro für ihn nicht viel Geld seien – zumindest nicht so viel wie für eine kleine Gemeinde. Deshalb hat der Bürgermeister Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht, stellvertretend für viele betroffene Städte und Gemeinden, wie Scholz meint: „Aber es wehrt sich halt nicht jeder.“ Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht, aber die beteiligten Parteien – Sersheim und der Kommunale Versorgungsverband – haben bereits ihre Argumente schriftlich ausgetauscht.

Stein des Anstoßes ist ein Gesetz, das noch von der alten, schwarz-gelben Landesregierung mit erarbeitet wurde, das Anfang 2011 in Kraft trat und einen sperrigen Namen trägt: Landesbeamten-Versorgungsgesetz Baden-Württemberg. Zuvor galt die Regelung, dass alle Dienstherren beim Jobwechsel eines Beamten gemeinsam anteilig für dessen Pension bezahlen.

„Wir sollen die Suppe von anderen auslöffeln“

Diese Praxis war kompliziert und bürokratisch – teilt jedenfalls das baden-württembergische Finanzministerium auf Anfrage mit. So habe es etwa Fälle gegeben, bei denen ein Beamter mit 25 Jahren den Dienstherrn gewechselt habe. Und dann, 40 Jahre später, habe sich der frühere Dienstherr plötzlich mit einer Rechnung für alte Pensionspflichten konfrontiert gesehen. Mit der Neuregelung sei der ehemalige Dienstherr – im geschilderten Fall: der Bund – von solchen Pflichten befreit.

„Die Kommunen wurden bei dieser Regelung vergessen und sollen jetzt die Suppe von anderen Leuten auslöffeln“, kritisiert Jürgen Scholz. Zur Illustration bemüht er einen Vergleich: „Das wäre so, wie wenn Sie ein Auto an einen Nachbarn verkaufen – und ein anderer Nachbar soll bezahlen.“ Die ganze Sache sei für ihn „mal wieder typisch Bund und Land“. Die höherrangigen Stellen träfen des Öfteren Vereinbarungen zulasten der Kommunen – wie im Falle des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren.

Erfolgloser Kampf an anderer Front

Wegen just jenem Thema ist die Gemeinde Sersheim unlängst schon einmal vor Gericht gezogen. Es ging um die Förderpraxis des Landes, das Zuschüsse für den Bau von Betreuungseinrichtungen gewährt. Die Gemeinde erhob Anspruch auf eine höhere Fördersumme, da sie, wie Jürgen Scholz vor Gericht darlegte, durch getrennte Vor- und Nachmittagsgruppen mehr Kapazitäten für Eltern bereitstelle.

Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Eine Möglichkeit, in Berufung zu gehen, räumte es ebenfalls nicht ein – zu Unrecht, wie Jürgen Scholz meint. Zurzeit laufe gegen diesen Beschluss eine Beschwerde beim baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof.