Die SG BBM Bietigheim und Frisch Auf Göppingen sind die einzigen Vereine in Deutschland, die mit einem Männer- und einem Frauenteam in der Handball-Bundesliga spielen. Das war es dann aber auch schon an Gemeinsamkeiten vor dem Männer-Derby an diesem Sonntag (16 Uhr) in der EgeTrans-Arena.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Bietigheim-Bissingen/Göppingen - Mehrere Dutzend Frisch-Auf-Fans werden an diesem Sonntag (16 Uhr/Sky) in der EgeTrans-Arena die Göppinger Bundesliga-Handballer beim Derby gegen die SG BBM Bietigheim unterstützen. Der eine oder andere wird bestimmt das bei den Anhängern beliebte grüne T-Shirt mit der Aufschrift „Handball-Hauptstadt Göppingen“ tragen. Dieses Alleinstellungsmerkmal muss sich der traditionsbewusste Anhang aus dem Filstal seit Beginn dieser Saison mit dem Gastgeber teilen: Denn nach dem Aufstieg der Bietigheimer Männer in die Bundesliga, hat die SG BBM genauso wie Frisch Auf neben dem Frauen-Team auch eine Männer-Mannschaft in der Bundesliga.

 

Fehlstart vs. Traumstart

Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Da wäre zunächst einmal der völlig unterschiedlich verlaufene Saisonbeginn der Männer-Teams. Fehlstart vs. Traumstart könnte man das Derby überschreiben. Mit 0:10 Punkten steht Bietigheim auf dem letzten Platz. Frisch Auf befindet sich auf dem Höhenflug und liegt mit 8:2 Zählern auf Platz vier. „Natürlich haben wir uns den Start anders vorgestellt“, räumt Bietigheims Trainer Ralf Bader ein. Andererseits hatten bei dem schweren Auftaktprogramm nur Superoptimisten mit etwas Zählbaren gerechnet. So richtig realistisch sind Punktgewinne für den Aufsteiger erst im Oktober. Bader setzt auf die Entwicklung des Teams und sagt: „Wenn wir bis Weihnachten sechs Punkte hätten, wäre ich zufrieden, dann hätten wir noch alle Chancen.“ Sein Vorgänger macht ihm Mut. „So eine Saison ist lang. Und es gibt nur zwei Absteiger“, betont Hartmut Mayerhoffer. Geduld ist gefragt, ein langer Atem. Der Trainer von Frisch Auf Göppingen will deshalb auch den Top-Start seines eigenen, neuen Teams nicht überbewerten: „Der Teamspirit passt optimal, jeder übernimmt Verantwortung, unterschiedliche Spieler drücken unserem Spiel den Stempel auf. Wir sind nur ganz schwer ausrechenbar. Aber wir halten den Ball flach.“

„Begeisterung in Göppingen deutlich größer“

Fünf Jahre war Mayerhoffer Trainer in Bietigheim. Er kennt das Umfeld, er kennt die Möglichkeiten, er kann Vergleiche anstellen. „Die Handball-Begeisterung ist in Göppingen deutlich größer“, hat der 48-Jährige schnell erkannt. Das liegt an der über Jahrzehnten gewachsenen Tradition, an den großen Erfolgen (elf deutsche Meisterschaften, sechs Europapokalsiege). Aber auch an der geringeren Konkurrenz als in Bietigheim: Dort begeistern die Zweitliga-Eishockeycracks der Steelers oder in der Nachbarstadt Ludwigsburg die Bundesliga-Basketballer der MHP Riesen die breite Masse der Sportfans.

„Ladies first“ in Bietigheim

Ein großer Unterschied zwischen Frisch Auf der SG BBM wird auch innerhalb des Vereins deutlich. In Bietigheim heißt es „Ladies first“. Dank Mäzen Eberhard Bezner (Olymp-Hemden) haben die Frauen einen höheren Etat (geschätzt 2,5 bis drei Millionen Euro) als die Männer (knapp zwei Millionen Euro). In Göppingen spielen die Frauen eine – wenn auch durchaus sympathische – Nebenrolle. Der Etat beläuft sich auf 750 000 Euro, den Männern stehen 5,0 Millionen Euro zur Verfügung. Die Verflechtungen zwischen den beiden Teams sind bei Frisch Auf enger als bei der SG BBM. Frauen-Trainer und -Geschäftsführer Aleksandar Knezevic ist auch sportlicher Berater des Männer-Teams, sein Netzwerk (besonders auf den Balkan) kommt bei Transfers immer wieder zum Tragen. Der Beirat bei den Frauen und der Aufsichtsrat bei den Männer besteht aus teilweise den gleichen Personen.

Duell der Rentschler-Brüder

Es ist also tatsächlich ein Duell der ungleichen Handball-Hauptstädte, das neben Mayerhoffer auch für zwei Spieler etwas Besonderes ist: Die Rentschler-Brüder Patrick (Bietigheim) und Marco (Göppingen) stehen sich erstmals in einem Punktspiel gegenüber. 2014 trugen sie in einem denkwürdigen Bundesligaspiel in der mit 3800 Zuschauern ausverkauften Ludwigsburger Arena gemeinsam den Bietigheimer Dress: Damals gewann die SG BBM mit einem überragenden Torwart Darko Stanic vor 3800 Zuschauern gegen Frisch Auf völlig überraschend mit 29:25 (7:9). Der damalige Bietigheimer Trainer hieß Mayerhoffer – und der versichert: „Diesmal wird Frisch Auf den Gegner auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen.“