Anwohner klagen bei den Bezirksbeiräten über Shisha-Bars am Josef-Hirn-Platz und an der Sophienstraße. Ein Gastwirt wehrt sich und wirft den Nachbarn Ausländerfeindlichkeit vor.

S-Mitte - Es ist, als würden Welten aufeinandertreffen. In der Wohnung von Klaus und Gertrud Maier stehen dicke Bücher Seite an Seite auf dem Regal. Nichts liegt in der gepflegten Wohnung in der Luft. Sauberkeit hat keinen Geruch. Junge Männer blasen dagegen einige Stockwerke unter der Wohnung der Maiers Rauchwolken aus. Der Raum der Shisha-Bar Esteem riecht nach Fruchtaromen. Die Nase kann sie nicht unterscheiden. Der Duft ist einfach süß und schwer. Die Männer tragen Bärte, Sneaker und Baseballkappen. Der junge Mann hinter dem Tresen ist glattrasiert. Seine Haare sind schwarz.

 

Die Männer hinter und vor der Theke des Esteem an der Sophienstraße sind der Grund, warum Klaus und Gertrud Maier ihren wahren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten. Sie trauen dem Publikum nicht, das im Esteem an der Wasserpfeife nuckele ebenso wenig wie dessen türkeistämmigen Besitzer.

Anwohner geht zum Bezirksbeirat

Klaus Maier ist vor einigen Wochen in den Bezirksbeirat Mitte gekommen, um im Namen der Anwohner über die Bar zu klagen. Das Esteem habe seine Öffnungszeiten immer weiter ausgedehnt, erzählte er den Bezirksbeiräten in den ersten fünf Minuten der Sitzung. Sie sind für die Anliegen der Bürger reserviert. Die Entlüftung lasse Shisharauch in die Garage entweichen, klagte Maier. Der Anwohner der Shisha-Bar monierte außerdem, dass die Außengastronomie vor dem Esteem nicht die vorgeschriebene zwei Meter Restweite auf dem Gehsteig einhalte.

Die Bezirksbeiräte sicherten Maier zu, dass sie seine Klagen an die Verwaltung weiterleiten würden mit der Bitte, nach einer Kontrolle. Außerdem soll der Sicherheitsbeirat aus Lokalpolitikern und Polizei künftig über das Thema Shisha-Lounges diskutieren.

Denn Unmut regt sich auch am Josef-Hirn-Platz über die Shisha-Bars. Eine Anwohnerin beklagt in der gleichen Sitzung Lärm, der sie nachts kaum schlafen lasse. Besucher der Lokale würden den Platz anfahren und dabei ihre Motoren aufheulen lassen. Die Bezirksbeiräte sprechen sich in der Diskussion für Poller an der Einfahrt zum Josef-Hirn-Platz aus.

Motoren stören die Anwohner

Klaus Maier berichtet ebenfalls, dass Motorradfahrer Anwohnern an der Sophienstraße den Schlaf rauben würden. Er ist sich sicher, dass es sich dabei um Gäste des Esteem handele. „Das gehört bei denen zum Machogehabe“, meint der Rentner.

Er und seine Frau sind vor Jahren in die Innenstadt gezogen. Die kurzen Wege zum Arzt oder zum Einkaufen hätten dabei den Ausschlag gegeben. Das Leben sei perfekt gewesen, meint Maier, bis eine Eigentümerin der Hausgemeinschaft das Erdgeschoss an das Shishalokal vermietet habe. Nicht nur er scheint sich in seinem Haus nicht mehr sicher zu fühlen. Den Weg zu den Wohnungen versperren Paniktüren. Sie lassen von außen niemanden herein. Dass die Bewohner des Hauses an der Sophienstraße das Esteem im Erdgeschoss am liebsten aus ihrem Haus hätten, weiß der Besitzer Kerem Baş. Sein Bruder ist der glattrasierte Mann hinter der Theke des Shishalokals. Er gibt die Nummer seines Bruders weiter, der gerade im Ausland ist. Baş berichtet, dass seine Nachbarn bereits dreimal gegen ihn geklagt und jedes Mal vor Gericht verloren hätten.

Die Einhaltung der Vorschriften etwa in Sachen Außengastronomie sei bereits kontrolliert worden, meint er. Baş erklärt sich die Beharrlichkeit, mit der einige Nachbarn sich über sein Lokal beschweren mit grundsätzlicher Ablehnung. „Die sind ausländerfeindlich“, meint der Gastwirt.

Als er sein Lokal eröffnet hat, habe er alle Nachbarn eingeladen, berichtet er. Doch nur zwei Anwohner mit Migrationshintergrund seien gekommen, sagt er. Anstatt die Behörden einzuschalten, hätten die Nachbarn das Gespräch mit ihm suchen können, findet er. „Ich habe es aufgegeben, mit ihnen zu sprechen“, sagt er. Der Inhaber des Friseursalons an der Sophienstraße, Alexander Hauser, muss lachen, als er gefragt wird, ob er sich wegen des Publikums der Shishalounge sorge. „Ach Quatsch. Das sind 20-jährige Jungs, die mit den geleasten Autos herumfahren. Die haben mit den Drogos nichts zu tun“, sagt er.

Als „Drogos“ bezeichnet er verwahrlost wirkende Passanten, denen er morgens an der Sophienstraße begegne. Für ihn ist es naheliegend, dass die Szene um die Paulinenbrücke herum Abstecher an den Discounter am Rotebühlplatz macht, um sich Alkoholika zu besorgen. Mit der Shisha-Bar hätten sie seiner Wahrnehmung nach nichts zu tun, meint er.

Gastwirt beklagt Feindseligkeit

Die Anwohner Klaus und Gertrud Maier sind dagegen überzeugt, dass das Esteem Quell aller Unsicherheit an der Sophienstraße ist. Ausländerfeindlich sei er mitnichten, betont Maier. „Ich komme mit unseren türkischen Nachbarn sehr gut aus“, meint er. Seine Frau sagt aber auch, dass Südländer eben laute Stimmen hätten. „Mit allem muss man sich nicht abfinden“, findet sie.