Das Murrhardter Schweizer-Museum macht wegen Corona bis Ostern dicht, Volkshochschulen rätseln, welche Kurse erlaubt sind, in Weinstadt läuft ein letztes Theaterstück: die Folgen des Shutdown im Landkreis.

Rems-Murr-Kreis - Christian Schweizer ist sauer, frustriert, enttäuscht: „Eine Gleichstellung von Museen als Bildungseinrichtungen mit Freizeiteinrichtungen ist eine falsche Beurteilung. ‚Ballermanntourismus’ ist kein nachhaltiger Kulturtourismus und damit nicht gleichzustellen. Die Politik verursacht bewusst einen großen Schaden an der Kultur unseres Landes.“ So lautet die erste Reaktion des Chefs im privaten Carl-Schweizer-Museum in Murrhardt. Er formulierte sie, als die ersten Meldungen über die Details des ab Montag anstehenden einmonatigen Shutdowns für weite Teile der Gesellschaft publik wurden. „Als mittelgroßes Ausflugsziel im Schwäbischen Wald sind wir in einem Netzwerk des Kulturtourismus zusammen mit Gastronomen und anderen Anbietern – das Netzwerk geht kaputt.“

 

Noch Führungen am Sonntag

Anders als bei öffentlichen Einrichtungen, auf die sich offenbar der Blick der Entscheider über Wohl und Wehe des gesellschaftlichen Lebens in Coronazeiten beschränke, sei die Situation der privaten Anbieter extrem unschön: Bei allen Unterstützungsangeboten und Fördermöglichkeiten bleibe das Ergebnis gleich: „Am Ende kommt für uns nichts raus.“

Auch die schöne Mär vom rechtzeitigen vorweihnachtlichen Wellenbrecher-Lockdown verfängt für das Murrhardter Vorzeige-Museum nicht. „Das rechnet sich wirtschaftlich in keiner Weise“, sagt Schweizer zur Vorstellung einer wieder heilen Weihnachtswelt im Dezember.

Das Schweizer-Museum macht nun am Montag zu – und zwar längerfristig bis Ostern kommenden Jahres. Alles andere, sagt Christian Schweizer, habe keine Sinn. Am Sonntag werden in dem Kulturbetrieb, der im kommenden Jahr 90 Jahre alt wird, aber nochmals Führungen geboten. Ein Fünkchen Hoffnung habe er für die Zukunft noch – „wenn unsere Gastronomen durchhalten“. Das Museumshaus Schweizer hat auch die Geschichte im Blick: „Die vorigen Generationen hatten mit ganz anderen Problemen zu kämpfen, da jammern wir noch auf hohem Niveau.“

Unklare Lage für Volkshochschulen

Genau jetzt, während des Telefonats mit der Zeitung, säßen Vertreter der Landesregierung und des Volkshochschulverbands Baden-Württemberg zusammen und erörterten die Lage, sagt Stefanie Köhler, die Leiterin der Volkshochschule Unteres Remstal. Müssen die Volkshochschulen von Montag an komplett schließen? Oder dürfen einzelne Angebote weiterlaufen? „Bei den Bewegungsangeboten rechnen wir damit, dass wir sie stoppen müssen“, bestätigt Stefanie Köhler. Im Moment arbeite man aber mit Hochdruck an einem „Ersatzangebot mit großzügiger Gebührenregelung“.

Der Plan ist, dass die Volkshochschule Unteres Remstal mithilfe eines Videokonferenzsystems Tag für Tag mehrere Kurse aus dem Fitnessbereich bereitstellt, in welche sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einwählen können, um dann von zu Hause mitmachen zu können. Was beispielsweise die Integrationskurse angeht, hegt die Volkshochschulleiterin die Hoffnung, dass diese weiterhin abgehalten werden dürfen. Denn „diese sind ja im Prinzip wie Schule – die Teilnehmer bereiten sich darin auf Prüfungen vor“. Stefanie Köhler geht auch davon aus, dass die Betreuungsangebote, welche die Volkshochschule an mehreren Schulen im Zuge der Nachmittagsbetreuung anbietet, zunächst weiterlaufen können. „Alles andere werden wir sehen.“

Kultureinrichtungen sind zu

Die Manufaktur in Schorndorf wollte an diesem Samstag in ihrer Kneipe Cocktails plus Vinylscheiben aus den vergangenen 40 Jahren servieren. Das muss warten, mindestens vier Wochen. „Wegen den aktuellen Einschränkungen haben wir ab Montag, 2. November, bis voraussichtlich 30. November komplett geschlossen“, heißt es auf der Internetseite.

„Die letzte Vorstellung vor dem Shutdown“ kündigt die Stadt Weinstadt für diesen Samstag, 31. Oktober, an: Dann ist die Berliner Schauspielerin Heike Feist in Beutelsbach mit dem Theaterstück „Die schon wieder! – Hildegard von Bingen, dinkelfrei“ zu sehen. Vielleicht ein guter Anlass, um endlich einmal wieder herzhaft zu lachen. Bevor es Unterhaltung zunächst nur noch zu Hause gibt.

Corona im Rems-Murr-Kreis

Quote
: Die für Coronamaßnahmen mit maßgebliche 7-Tage-Inzidenz – die Zahl der Neuansteckungen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen – hat nun auch im Rems-Murr-Kreis die Marke von 100 übersprungen. Sie stieg von 94,3 am Mittwoch auf 107 am Donnerstagabend. Im Kreis befanden sich zu diesem Zeitpunkt insgesamt 526 Infizierte in Quarantäne. In den Kliniken des Kreises befanden sich Mitte der Woche 20 Corona-Patienten in stationärer Behandlung. Sechs von ihnen mussten beatmet werden.

Schließung
: Die Rumold-Realschule in Kernen-Rommelshausen bleibt ab Montag vorläufig komplett geschlossen. Der Grund der vorsorglichen Schulschließung: Derzeit sind neun Schüler der Bildungseinrichtung nach positivem Corona-Test in Quarantäne.