Am Ende haben selbst die künstlichen Intelligenzen Mitleid: Sibylle Bergs grandioser Roman „GRM“ zerstreut die letzte Hoffnung, die Welt könnte ein in sich gegründetes vernünftiges Ganzes sein.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Sind die Menschen wirklich alle debile Vollidioten? Zumindest der männliche Teil immer darauf aus, mit seinen unansehnlichen Geschlechtsorganen und den zugehörigen Hormonen Angst und Schrecken zu verbreiten? Ist die Welt wirklich so komplett am Ende? Und müssen alle Errungenschaften und tollen Erfindungen, zum Beispiel das Internet, immer so eine deprimierende Entwicklung nehmen? Natürlich nicht. Wobei. „Das fucking Netz ist zur Leni Riefenstahl der Welt geworden. Ein Ort der Verblödung, Verhetzung, der Manipulation und der Frustration.“ So ist in Sibylle Bergs neuem Roman „GRM“ zu lesen – was der Titel bedeutet, dazu später. Aber wer nach ein paar Seiten entsetzt die Augen aufschlägt, und die Nachrichten andreht, um sich gegen dieses fürchterliche Zerrbild der Wirklichkeit zu vergewissern, wie sie wirklich ist, wird ein mulmiges Grundgefühl nicht mehr los. Vielleicht nämlich ist alles gerade umgekehrt: vielleicht sind wir auf dem besten Weg, in unserem „So-schlimm-wird-es-schon-nicht-kommen“-Schlummer frontal gegen die Wand zu rasen, die die große Gegenwartsapokalyptikerin mit ihrem kolossalen Endzeit-Gemälde ausgepinselt hat.