Nach Dresden ist vor Karlsruhe: Das Großaufgebot der Polizei zu den VfB-Heimspielen wird nächsten Sonntag noch größer werden. Diesmal sollen es weit mehr als 1000 Beamte werden. Die Kostenfrage stellt sich fürs Land nicht.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und die Polizei bereitet sich bereits auf den nächsten Ausnahmezustand vor, der am Sonntag über Stuttgart hereinbrechen wird. „Wir werden einen noch höheren Aufwand als bei Dresden betreiben müssen“, sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Erwartet werden Tausende Fans des Karlsruher SC zu Gast beim VfB Stuttgart. Auf dem Platz ist die Begegnung ein Zweitligaspiel, auf den Straßen eine Hochrisikopartie erster Klasse.

 

Für die Polizei war der vergangene Sonntag gegen Dynamo Dresden ein klares 1:0. Null Randale, null Verletzte, null Chancen für Chaoten. Dass 4000 Dynamo-Fans beim Marsch vom Großmarkt zum Stadion die B 10 und B 14 zeitweise lahmlegten, weil sie den vorgesehenen Weg über eine Fußgängerbrücke nicht einhielten – geschenkt. „Es hat zahlreiche Beschwerden von Verkehrsteilnehmern gegeben“, sagt Polizeisprecher Keilbach, „aber es gab keine Alternative.“ Man hatte die Fangruppen auseinander gehalten – und im Griff.

Das Dynamo-Gastspiel war nur ein Vorgeschmack

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, ein beschädigtes Auto mit 1000 Euro Sachschaden, eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, eine Anzeige wegen Drogenbesitzes, vier Anzeigen wegen Beleidigung, 200 teils vermummte VfB-Rowdys kaltgestellt – im sicherheitsgeplagten Fußballgeschäft nennt man so etwas heutzutage einen friedlichen Nachmittag.

Knapp 1000 Polizisten von Landes- und Bundespolizei waren am vergangenen Sonntag im Einsatz, und drei Wasserwerfer standen drohend im Stadionbereich bereit, ein Hubschrauber knatterte über dem Neckarpark. Eine Szenerie, als sei der Terror in der Stadt angekommen. Und das nur wegen ein paar Hundert gewaltbereiter Chaoten unter Zehntausenden Fußballfans.

Dresden, da sind sich die Experten einig, war da nur ein Vorgeschmack. Die Zahl der als besonders gewaltbereit bekannten Hooligans der Kategorie C wird in den Reihen des KSC als erheblich höher eingeschätzt. Hinzu kommt, dass es diesmal keinen polizeitaktischen Vorteil gibt: Die Dresdner Fans waren weitgehend geschlossen angereist, allein 4000 hatten sich kompakt im Bereich des Großmarkts versammelt. Die Karlsruher Fans dagegen sind weitaus flexibler bei der Anreise.

Müssen die KSC-Fans wieder nach Untertürkheim?

Ob die Polizei wie beim letzten Bundesliga-Gastspiel vorgehen wird, als 5000 KSC-Fans am 21. September 2008 vom Bahnhof Untertürkheim aus in Richtung Stadion marschieren mussten, ist eine noch offene Frage. Die Vorbereitungen der Polizei laufen. Womöglich kommt ja alles noch schlimmer, weil es Anzeichen dafür gibt, dass dazu eventuell auch noch eine nationaltürkische Demonstration in der Stadt stattfinden könnte. Dann, so ist in Polizeikreisen zu hören, werde es wohl kaum bei den drei Wasserwerfern wie vergangenen Sonntag bleiben. Solche Fahrzeuge waren nach dem aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Demonstranten am 30. September 2010 tabu für die Stadt gewesen. Bis zum Dresden-Spiel.

Schon jetzt steht fest, dass am Sonntag weit mehr als 1000 Beamte im Einsatz sein werden. Auch die Bundespolizei ist massiv mit Kräften beteiligt. Dabei sollen mögliche Randalierer bereits an den Bahnhöfen und in den Zügen nach Stuttgart ausfindig gemacht werden.

Wer die Polizeikosten trägt – eine strittige Frage

Und das alles auf Kosten des Steuerzahlers – sind bereits wieder kritische Stimmen zu hören. Doch dass der VfB angesichts der Hochsicherheitsaufrüstung der Polizei an den Kosten beteiligt werden könnte – danach sieht es vorerst jedenfalls nicht aus. „Die Ansicht dazu hat sich auch mit Innenminister Thomas Strobl nicht geändert“, sagt Sprecher Renato Gigliotti. Es gehe vorrangig darum, die Sicherheit der Fußballspiele zu gewährleisten – „denn Chaoten haben im und ums Stadion nichts verloren“, so Gigliotti. Abgesehen von einem politischen Willen wären aber auch juristische Fragen ungeklärt. Der Stadtstaat Bremen befindet sich darüber noch im Rechtsstreit mit der DFL, der Deutschen Fußball-Liga.

Letztere hatte im Frühjahr 2016 beim Verwaltungsgericht Bremen eine Klage gegen einen Gebührenbescheid eingereicht. Bremen hatte für den Aufwand beim Nordderby Werder Bremen gegen den Hamburger SV den Betrag von 425 719,11 Euro in Rechnung gestellt. Die DFL hält das für rechtswidrig, weil die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine staatliche Aufgabe sei.