Die grün-schwarze Landesregierung bessert die umstrittene Polizeireform nach. Das trägt der grünen Regierungspartei Lob der Polizeigewerkschaft ein.

Stuttgart - Die heftig umstrittene Polizeireform wird korrigiert – doch die Opposition bleibt unzufrieden. Innenminister Thomas Strobl (CDU) dagegen betont, durch die Veränderungen gehe die Polizei „maßgeschneidert in die Zukunft“.

 

Polizeikräfte sollen künftig bei Verkehrsunfällen schneller am Ort des Geschehens sein. Einfacher gelagerte Unfälle werden durch Kräfte der Polizeireviere aufgenommen, bisher mussten bei Unfällen mit schweren Folgen stets die Spezialisten ausrücken, was Zeit brauchte. Die Spezialisten stehen künftig rund um die Uhr landesweit für den Einsatz bei komplizierten Fällen zur Verfügung. Das nannte Strobl „Bürgernähe in Reinform“.

Neue Schutzpolizeidirektion

Bei den Polizeipräsidien werden die Aufgaben in einer neuen Schutzpolizeidirektion gebündelt. Das bedeute eine Verzahnung von Spezialisten und Generalisten, sagte Strobl. Zum 1. Januar 2020 soll es 13 statt der bisher zwölf Polizeipräsidien geben. Im Pforzheim und in Ravensburg werden zwei neue Präsidien gebaut, das Präsidium Tuttlingen wird Ende 2019 aufgelöst. „So bringen wir die Polizei wieder zu den Menschen“, sagte Strobl. Nach seiner Darstellung wird die Einrichtung eines 13. Polizeireviers 48 Millionen Euro teurer als geplant. Anfang Juli war bekannt geworden, dass die geplanten Korrekturen der Polizeireform von 2014 mindestens 120 Millionen Euro kosten sollen – statt der 71 Millionen Euro, von denen 2017 die Rede gewesen war.

Schmerzensgeld für Beamte

Gleichzeitig hat das Kabinett beschlossen, dass das Land in Zukunft Schmerzensgeld für im Dienst verletzte Polizeibeamte übernimmt, wenn etwa bei den Tätern nichts zu holen ist. Damit erhalte Baden-Württemberg „die bundesweit polizeifreundlichste Lösung aller Länder“, lobte der Innenminister. Dieses Vorgehen findet allgemeine Zustimmung, zumal Polizisten immer häufiger angegriffen würden und es immer schwieriger werde, Ansprüche auf Schmerzensgeld durchzusetzen. Hans-Ulrich Sckerl, der innenpolitische Experte der Grünen, sieht nun eine alte Forderung seiner Partei erfüllt. Auch Ulrich Goll (FDP) sagte, seine Partei fordere dies seit drei Jahren. Strobl hätte früher handeln sollen.

Lob von der Gewerkschaft – Skepsis bei der Opposition

Zufrieden zeigt sich Thomas Blenke, der innenpolitische Sprecher der CDU, mit den Veränderungen: „Ich begrüße es außerordentlich, weil damit die dringend notwendige Reform umgesetzt wird und die wichtigsten Korrekturen an der Reform vorgenommen werden, im Sinne einer bürgernahen Polizei.“ Auch Hans-Ulrich Sckerl erwartet, dass die Polizei ab 2020 „in optimierten Strukturen“ arbeiten kann. Die deutsche Polizeigewerkschaft lobte die Grünen, die sich bei der Reform bewegt hätten. Sonst ist das Echo geteilt. Sascha Binder (SPD) findet, der Beschluss komme vier Monate zu spät. Es sei nicht klar, welche Verbesserung die Korrekturen tatsächlich für die fachliche Arbeit der Polizei brächten. Er monierte den „chaotischen Umgang des Innenministers mit den Empfehlungen aus der Evaluation“. Zudem hätten sich die neuen Strukturen der Polizei eben erst eingespielt. Lars Patrick Berg (AfD) kritisierte finanzielle Fehlplanungen bei der Umsetzung der Evaluation.