Der 23-Jährige Artur Rutkiewicz ist ganz ohne Training von Sillenbuch nach Portugal geradelt. Über seine Erlebnisse hat der Student ein Buch geschrieben.

Sillenbuch - Fast schon naiv sei er an das Projekt herangegangen, meint Artur Rutkiewicz im Nachhinein: Mit dem Fahrrad von Sillenbuch bis Santiago de Compostela, immer entlang der Pilgerstrecke.

 

„Meine Vorbereitung war zugegebenermaßen etwas chaotisch“, sagt der 23-Jährige. Ein ganz normales Trekking-Rad beladen mit den günstigsten Taschen vom Onlinehändler, fest geschnürt mit Spanngurten und mit einem „nicht so prickelnden“ Reiseführer im Gepäck fuhr Rutkiewicz Ende Juli vergangenen Jahres in Richtung Süden. „Ich wollte mir selbst etwas beweisen, sowohl dass ich es organisatorisch als auch körperlich schaffe“, sagt er.

Trotz großer Bedenken der Familie und der Freunde radelte er querfeldein. Schon nach zwei Tagen überlegte er das erste Mal ernsthaft umzukehren. „Irgendwo in der Nähe von Alpirsbach habe ich Wasser aus einem Bach getrunken, welches mir eine schlaflose Nacht bescherte“, sagt der 23-Jährige. Gequält von Magenschmerzen – von denen er schonungslos in seinem Buch schreibt – stieg er am nächsten Morgen wieder auf den Sattel, immer das Ziel in Spanien vor Augen.

In Frankreich lebte er von Baguette und Bananen

Mangelnde Sprachkenntnisse schreckten ihn ebenso wenig ab, wie die Unwägbarkeiten des Wetters. In Frankreich lebte er von „un petit baguette“ und Bananen aus dem Supermarkt, in Spanien gab es gelegentlich Pizza. Aber da er als Alleinreisender unterwegs war, hatte Rutkiewicz eh seltener Kontakt zu den Einheimischen.

Irgendwie hat den Studenten dann doch das Fahrradfieber gepackt: Nach dreißig Tagen – tagsüber auf dem Rad, nachts im Einmannzelt – entschloss sich der 23-Jährige noch bis zu Portugals Küsten zu fahren.

„Ich habe Unmengen Cremes verbraucht. Gegen Sonnenbrand, gegen einen wunden Po und gegen trockene Haut“, sagt Rutkiewicz und lacht. Dennoch möchte er die Erfahrungen der Reise nicht missen. Schließlich ist er unterwegs einigen schrägen Vögeln begegnet.

In einer Herberger traf er ein Paar: er Priester sie Studentin

In einer Pilgerherberge in Spanien traf er auf ein Pärchen aus Polen, dass nicht wirklich mit ihm sprechen wollte. „Nach einiger Zeit erzählten sie mir, dass sie Studentin und er geweihter Priester sei“, sagt der Radler. Bei fast jedem Zwischenstopp musste er sich für die Finanzpolitik von Angela Merkel rechtfertigen, was dem jungen Mann irgendwann die Lust am Debattieren mit den Spaniern genommen hat.

Seine Erlebnisse hat Rutkiewicz in einem Reisetagebuch festgehalten, das nun als Buch erschienen ist. Darin erzählt er schonungslos von stinkenden Füßen, Problemen nach diverser Speisen, eigentümlichen Pilgern oder Frustrationsschüben bei Regen. Da kein konventioneller Verlag das Erstlingswerk des jungen Autor abdrucken wollte, gestaltete er das Buch selbst und vertreibt es nun auf Nachfrage (bei Books on demand).

„Ich hoffe, dass ich meine Reisekosten von fast 1000 Euro so wieder rein bekomme“, sagt Rutkiewicz. Ganz lässt ihn das Fernweh nicht los. Anfang Oktober startete der Sillenbucher in Richtung Kambodscha, um dort ein freiwilliges soziales Jahr bei dem Bau von Kläranlagen zu helfen. „Einen wirklichen Plan was auf mich zukommt habe ich zwar nicht, aber vielleicht schreibe ich danach ja wieder ein Buch“, sagt er.