Sit-ins auf dem Schlossplatz, Selbstironie bei der Preisverleihung und ein echter Star bei der Gala im Mercedes-Museum: das Trickfilm-Festival tut Stuttgart richtig gut.

Stuttgart - Solche Szenen vergisst man nicht. David Silverman, der Regisseur der legendären Zeichentrickserie „Die Simpsons“, holt aus dem Off sein Sousafon. In den Jazzkellern von New Orleans sei gerade ein Song der absolute Hit. Das Publikum im vollgestopften Renitenztheater darf raten welcher. Und schon nach den ersten Tönen raunt es: „Gibt’s ja nicht!“ Es ist tatsächlich Helene Fischers Gassenhauer „Atemlos“. Der Gast aus Los Angeles trötet, begleitet wird er vom Moderator Christoph Sieber auf der Klarinette und dem Kabarettisten Dodokay an den Percussions.

 

Noch bis Sonntag lockt das 22. Internationale Trickfilmestival neben Cineasten auch den ein oder anderen Promi nach Stuttgart. Eigentlich hätte deren Dichte bei der Verleihung des deutschen Animationssprecherpreises am Donnerstag im Renitenztheater besonders hoch sein sollen. Aber dem Bahnstreik gaben sich zwei der drei Nominierten, die Kabarettistin Caroline Kebekus (für das Warzenschwein Mathilda in „Der kleine Drache Kokosnuss“) und der Schauspieler Elyas M’Barek (für den Bären Paddington in „Paddigton“) geschlagen. Der Schauspieler Ralf Schmitz (Zwerg Sunny in „Der 7bte Zwerg) war da, „mit den Inlinern“.

Hut ab vor der Schauspielerin Anna Thalbach

Er weihte das Publikum im Stakkato in sein Leben ein, bis hin zu seiner Katze, die unvorstellbare 27 Jahre erleben durfte. War es Glück für die Regie oder Vorsehung? Schmitz durfte später den Preis aus den Händen des Staatssekretärs Jürgen Walter entgegen nehmen. Gewinner des Abends war auch der Gastgeber: Siebers Plaudereien trieften vor Ironie. Brecht sei ein lustiger Typ, meinte Silverman. „Den kennen die hier gar nicht“, konterte Sieber. Warum er überhaupt zum wiederholten Mal in Stuttgart sei? „Ist das Masochismus oder wegen des Geldes?“ Darauf Silverman: „This is the centre of funny Germany.“ Dodokays schwäbische Variante der Simpsons ist auf jeden Fall ein Hit. Wann hört man schon mal so herrliche Ausdrücke wie „rommkraddla“? Hut ab auch vor der Schauspielerin Anna Thalbach (via Frankfurt aus Berlin eingeflogen), die sich mit Sieber ein Spontan-Synchronisations-Duell zu einem Überraschungsfilm lieferte, nach dem Motto: treffen sich ein Hase und eine Schildkröte auf dem Herrenklo. 

Am Freitag ging es dann um Ernsthafteres. Bei der Gala der Werbe-Trickfilme im Mercedes-Museum war Jörn Großhans der Stargast: Er hat erst kürzlich für digitale Effekte bei der Kultserie „Games of Thrones“ den Emmy gewonnen. Für den heutigen Samstag hat sich Kostja Ullmann angekündigt. Er spricht die Hauptfigur in dem Film „Yellowbird“, der um 17 Uhr im Gloria-Kino Deutschlandpremiere hat. Man dürfe ihn ruhig ansprechen, heißt es vom Festival-Team. Außerdem können die Stuttgarter selbst zu Stars werden. Am Samstag wird um 18 Uhr auf dem Schlossplatz der Animationsfilm „Das fliegende Opernhaus“ gezeigt. Im Anschluss lädt der Opernchordirektor Johannes Knecht zum gemeinsamen Singen. Stuttgarts erstes öffentliches Opern-Karaoke und dann noch mit Giuseppe Verdis berühmtem „Gefangenenchor“ aus Nabucco. „Va pensiero...“: Auch so ein Gänsehautmoment.