Weil das Hallenbad gerade saniert wird, lässt die Stadt Sindelfingen ihr Freibad weiterhin geöffnet. Auch bei kühlen Temperaturen zieht es die Schwimmer an: Im Wasser ist es schließlich warm.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, und das Wasser dampft. Im Sindelfinger Freibad ziehen an diesem Herbstmorgen ein Dutzend Besucher ihre Bahnen. Ursula Jahn läuft barfuß über den Plattenboden. Das Thermometer zeigt sieben Grad an, sie trägt einen Badeanzug. „Kälte macht mir gar nichts aus“, erklärt die 46-Jährige und strahlt. Sie stellt sich sogar unter die Außendusche. Und wenn es schüttet, bringt sie einen Regenschirm mit. „Es ist einfach toll, dass das Freibad noch offen hat“, findet Ursula Jahn. Die Saison dauert dieses Jahr bis mindestens 31. Oktober. Der Sindelfinger Bäderchef Christian Keipert ist über die Resonanz selbst erstaunt: Im Schnitt kommen 450 Besucher am Tag, im Sommer waren es etwa dreimal so viele.

 

Das Wasser ist mit 26 Grad angenehm warm

„Draußen zu schwimmen ist einfach viel schöner als unter einem Dach“, sagt Jasmin Richter. Die 35-Jährige kommt dreimal in der Woche, auch bei Regen und bei Sturm. Das Wasser hat schließlich immer die gleiche Temperatur – und ist mit 26 Grad wohlig warm. Ihrer Meinung nach endet die Freibadsaison immer viel zu früh. Frank Wörn ist sogar jeden Tag da. „Es ist traumhaft“, schwärmt der 54-Jährige, „es müsste immer so sein!“ Das Sindelfinger Freibad sei das schönste in der ganzen Region. Es bis in den Herbst offen zu lasen, sei eine Chance für Sindelfingen, eine Marketingstrategie. Die Stuttgarter Kennzeichen auf dem Parkplatz registriert er, auch aus Tübingen, Reutlingen und Pforzheim würden Besucher kommen. „Es ist wie Urlaub“, findet Frank Wörn.

Das Hallenbad ist derzeit noch eine Baustelle

Die Stadt Sindelfingen hat aus der Not eine Tugend gemacht – weil das Hallenbad noch eine Baustelle ist. „Es war ein großes Projekt, derzeit laufen die letzten Arbeiten“, berichtet Bäderchef Christian Keipert. Die Schließzeit soll für die Bevölkerung abgemildert und der Übergang möglichst kurz sein, weshalb die Freibadsaison auch bis in den November hinein verlängert werden könnte. Nur wenn der Frost Glätte oder die Technik in Schwierigkeiten bringt, wäre ein sicherer Betrieb nicht mehr möglich. „Die Besucherzahlen geben uns recht“, findet der Amtsleiter. Jeden Abend trainieren zudem rund 60 Vereinsschwimmer in dem dampfenden Wasser – bei Flutlicht.

Das Sonnenbad am Rheinhafen ist bis 1. Advent geöffnet

Karlsruhe macht es schon lange vor: Unter dem Motto „Wer draußen schwimmt, bleibt fit“ hat dasSonnenbad am Rheinhafen bis zum 1. Advent geöffnet, Mitte Februar ist die Winterpause beendet. Tübingen geht seit 2018 recht weit: Die Freibadsaison lief bis 17. Oktober, im vergangenen Jahr zwei Wochen länger. Der Auslöser dafür war ebenfalls die Sanierung des Hallenbads, die längst fertig ist. „Es hat sich bewährt“, sagt der Stadtwerkesprecher Ulrich Schermaul, mehrere Hundert Besucher seien täglich gekommen, bei schönem Wetter 1000. „Tübingen ist eine schwimmbegeisterte Stadt“, ergänzt er.

Die Verlängerung wird jedes Jahr geprüft

Ein Automatismus ist die Saisonverlängerung in der Universitätsstadt jedoch nicht. Sie werde jedes Jahr aufs Neue geprüft und hänge von der Witterung ab, betont Schermaul. Der Stadt ist sie aber viel wert, denn das Hallenbad wird von Mitte September an parallel dazu betrieben.

„Es bleibt erst einmal eine Einzelaktion“, schränkt Keipert die Aussichten für Sindelfingen ein. Halle und Freibad gleichzeitig zu öffnen sei personell nicht möglich, auch die Energiekosten führt er an.In Stuttgart schließt Jens Böhm für die Bäderbetriebe aus dem gleichen Grund eine solche Aktion aus. „Wir haben funktionierende Hallenbäder und sind froh, dass wir sie alle öffnen können.“ Ihm sind keine Anfragen von Badegästen bekannt, die im Winter ins Freibad wollten. „Da überwiegt die Freude, ins warme Hallenbad zu gehen“, ist Böhm überzeugt.

Das Freibad ist die beste Therapie

Im Sindelfinger Freibad klettert ein Mann aus dem Becken, schnappt sich schnell sein Handtuch und seine Sachen und joggt den Weg zu den Duschen beim Eingang hoch. Marianne Schütz schüttelt den Kopf. Einen Bademantel mit Kapuze und Badeschlappen hat sie immer dabei für den herbstlichen Freibadbesuch. „Wenn man aus dem Wasser raus kommt, ist es schon kalt“, sagt die 77-Jährige. Ihre Freundin hat sich für die Saisonverlängerung extra einen Neoprenanzug zugelegt. In ihrem Bekanntenkreis sind sich alle einig: Das Freibad gilt als beste Therapie. „So bleiben die Leute gesund“, sagt Marianne Schütz. Eigentlich sollten Daimler oder die Krankenkassen für eine ständige Saisonverlängerung bezahlen, findet sie.