Für Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beweist die sinkende Stickstoffdioxidbelastung in Stuttgart, dass „unser Weg richtig ist“. Er betonte, er wolle trotz anderslautender Gerichtsentscheidungen auf jeden Fall zonale, also großräumige Euro-5-Dieselfahrverbote vermeiden.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht sich in seiner Luftreinhaltepolitik durch die sinkenden Stickstoffdioxidwerte in Stuttgart bestätigt. „Die zahlreichen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, wirken. Die Luft in Stuttgart wird besser. Das zeigen die Zahlen eindrucksvoll“, sagte er unserer Zeitung. Allerdings spielten auch die Erneuerung der Flotte und die Softwareupdates eine Rolle. „Da habe ich bei den Automobilkonzernen nochmal Druck gemacht, das hier prioritär zu machen“, sagte Kretschmann.

 

Seit Anfang des Jahres gilt in Stuttgart ein Fahrverbot für Diesel-Autos bis einschließlich Euro-4-Norm. Zudem wurde am Neckartor vor einem Monat auf Drängen des Landes und gegen den Willen der Stadt eine weitere Busspur eingerichtet, um den Verkehr zu verringern. Dieses Thema sorgt zudem immer wieder für Streit in der grün-schwarzen Koalition. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel“, sagte Kretschmann.

Streckenbezogene Fahrverbote vorgesehen

An einzelnen Straßenzügen würden die Grenzwerte weiter überschritten. Dort würden in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans unter anderem „streckenbezogene Fahrverbote vorgesehen, die dann in Kraft treten, wenn dort bis Ende des Jahres die maßgeblichen Schwellen von 50 Mikrogramm nicht unterschritten werden“, sagte der Regierungschef. „Unser Ziel bleibt, Fahrverbote für Euro-5-Diesel insgesamt zu vermeiden“, sagte er. Ob das zu schaffen sei, stehe aber in Frage, obwohl die Werte sinken würden. „Wir sind aber einigermaßen sicher, dass wir zonale Verbote vermeiden können“, sagte Kretschmann. „Jedenfalls wollen wir sie nicht, denn die würden auch Gebiete treffen, in denen wir die Grenzwerte bereits einhalten.“

Dagegen pochen die Gerichte auf ein zonales, also großräumiges Fahrverbot, wie es das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vorsieht, wenn der europaweit gültige Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft überschritten wird. Der vom Bund beschlossene und auch von Kretschmann angeführte „Zumutbarkeitsgrenzwert“ von 50 Mikrogramm wird von den Gerichten – bisher – nicht akzeptiert. Ob das Land dagegen juristisch vorgeht, ist nach wie vor unklar – ein von ihm beauftragter Gutachter rät wegen geringer Erfolgsaussichten davon ab.

Antrag auf Beugehaft

Zudem wurde von der Umwelthilfe Beugehaft gegen Kretschmann und andere Verantwortliche des Landes beantragt, weil sich das Land trotz der Gerichtsbeschlüsse und verhängter Zwangsgelder mit Verweis auf die sinkenden Werte weigere, ein zonales Euro-5-Diesel-Fahrverbot vorzusehen.

Der Stickstoffdioxid-Mittelwert liegt nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt an den hochbelasteten Stuttgarter Straßenabschnitten am Neckartor mit 56 Mikrogramm und an der Hohenheimer Straße mit 55 im ersten Halbjahr 2019 deutlich unter dem des Jahres 2018 (71 und 65), aber noch immer erheblich über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm. Die seit dem Frühjahr durchgeführten Zusatzmessungen im Stadtgebiet ergaben an der Pragstraße und an der Talstraße über dem Grenzwert liegende Belastungen, an allen anderen Messstellen lagen sie weit unterhalb dem Grenzwert.

Das Verkehrsministerium bewertet diese als „erfreuliche Entwicklung“. die Stadt Stuttgart lehnte eine Stellungnahme ab, für diese Fragen sei das Land zuständig, hieß es aus dem Rathaus.