Der Tübinger Joachim Vogel stirbt 2013 bei einem Gondelunfall in Venedig, seine Frau fordert eine Entschädigung. Nun hat ein italienisches Gericht die Witwe zum Zahlen verdonnert.

Venedig - Als eine Verhöhnung bezeichnet die Zeitung „Corriere del Veneto“ die Entscheidung des Zivilgerichtes in Venedig. Mehr als fünf Jahre nach dem Tod des Tübinger Juristen Joachim Vogel, der bei einer Gondelfahrt in Venedig ums Leben gekommen war, wies das Gericht nun die Entschädigungsforderungen von dessen Witwe Gundula Schäfer-Vogel ab. Die Klägerin habe das Vertrauen in das italienische Justizsystem verloren, zitiert die Zeitung die von dem Urteil zutiefst getroffene Witwe nach dessen Verkündung am Mittwoch. „Das ist eine riesige Ungerechtigkeit für mich und meine Kinder.“

 

Das Urteil ist für die Frau, die ebenfalls Juristin ist, ein Schlag ins Gesicht. Anstatt eine Entschädigung zu erhalten, soll die Witwe nun ihrerseits die Anwaltskosten der Gegenseiten bezahlen: insgesamt 229 000 Euro. „Dieses Urteil ist einfach beschämend“, sagte Lorenzo Picotti, der Anwalt von Schäfer-Vogel unserer Zeitung. Schäfer-Vogel hatte sechs Millionen Euro Entschädigung gefordert.

Fünf Verantwortliche wurden bereits verurteilt

Joachim Vogel, Juraprofessor und Richter aus Tübingen, war am 17. August 2013 bei einer Gondelfahrt, die er mit seiner Frau und den drei damals vier-, acht- und zehnjährigen Kindern während des Venedig-Urlaubs machte, tödlich verunglückt. Ein Vaporetto, ein venezianischer Wasserbus, war mit der Gondel, in der die Familie saß, zusammengestoßen. Der 50-Jährige fiel ins Wasser und wurde zwischen Pier und Schiff eingequetscht. Der Jurist starb an seinen schweren Brustverletzungen. Er hatte von 2001 bis 2012 dem 1. Senat des Oberlandesgerichts in Stuttgart angehört und war später nach München gewechselt.

Dem Zivilprozess um die Entschädigung waren bereits Strafprozesse vorausgegangen. Im Juni 2015 waren drei Wasserbusfahrer und ein Wassertaxifahrer zu Bewährungsstrafen von bis zu einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden. Sie hätten sich gegenseitig behindert und die Gefahren ihres Handelns nicht bedacht, so lautete die Begründung des Gerichts. In einem späteren Verfahren war auch ein Gondoliere verurteilt worden, der angehalten und damit die Wassertaxis gezwungen hatte, quasi im Slalom zu fahren.

Die Witwe will das Urteil anfechten

Der Fahrer der Unglücksgondel hingegen wurde vom Gericht entlastet, da er die Gondel wegen des starken Verkehrs bereits an die Seite gefahren hatte. Der Unfall passierte, als er sie gerade geparkt hatte. Gegen ihn als verantwortlichen Fahrer der Gondel waren die Entschädigungsforderungen erhoben worden, die der Richter in Venedig nun aber als nicht begründet abgelehnt hat.

„Wir werden dieses skandalöse Urteil auf jeden Fall anfechten“, sagte Anwalt Picotti. Da die italienische Justizmühle aber vor allem in Zivilprozessen sehr langsam mahle, rechne er damit, dass erneut zwei bis drei Jahre ins Land gehen, bis dieser Fall endlich zu einem Abschluss kommen könne. Daher richtet er erneut einen Appell an die Versicherungen der Beteiligten. „Nach fünf Jahren müssen die doch einfach mal handeln und eine Entschädigung für meine Mandantin bereitstellen“, fordert Picotti. „Aber in all diesen Jahren ist kein einziges Angebot in diese Richtung gemacht worden.“