In den höheren Lagen schneit es. Das kommt den Menschen im Schwarzwald gerade recht, denn dort begeht man in dieser Saison den Beginn des Wintersports vor 125 Jahren. In Todtnau gründete sich der erste Skiclub.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Feldberg - Der Schwarzwald wird weiß und feiert seinen Skisport. Das Mittelgebirge mit dem höchsten deutschen Berg nördlich der Alpen – der 1493 Meter hohe Feldberg – ist vor 125 Jahren zur Wiege des organisierten Skisports in Deutschland geworden. Begonnen haben die Feierlichkeiten mit einer Ausstellung im „Haus der Natur“ unterhalb des Feldberggipfels. Am 21. Februar 2016 wird es einen „Historischen Festtag“ geben, an dem Skiläufer in historischer Tracht und alten Brettern am Seebuck abfahren werden.

 

Es werden Skier von der Art sein, wie sie der französische Diplomat Robert Pilet am 8. Februar 1891 dabeihatte, als er mit dem Zug von Freiburg ins Bärental fuhr, um bei Neuschnee 600 Meter auf den Feldberggipfel zu steigen und dann zum Hotel Feldberger Hof abzufahren. Diese erste, im Gästebuch des Hotels dokumentierte Abfahrt gilt als die Geburtsstunde des deutschen Skisports. Mitgebracht hat Doktor Pilet, damals 33 Jahre alt und im bretonischen Rennes geboren, die Holzlatten aus Norwegen. Pilet war von 1883 bis 1894 in Mannheim, danach Vizekonsul in Kopenhagen. Auf seinen Reisen durch Skandinavien lernte er die „Schi“ genannten Bretter kennen und ließ sich ein Paar anfertigen.

Mobil im Winter

Natürlich hatten alle Bergvölker längst Lösungen gefunden, auch im Winter mobil zu bleiben. Die Schwarzwälder etwa banden sich Holzreifen unter die Schuhe. Aber erst die norwegischen Skier und berg- und sportverrückte Pioniere wie Pilet gaben den Anstoß, über die funktionale Fortbewegung hinaus Bretter zum Vergnügen zu benutzen. Es waren vor allem Akademiker, die daran Spaß hatten. Studenten aus Freiburg zum Beispiel, die den noch rauen und wilden Feldberg aus sportlichem Ehrgeiz auch im Winter bestiegen.

Weil es für jede Betätigung in Deutschland einen Verein braucht, wurden auch bald Skiclubs gegründet. Der Konsul Pilet war nach seiner ersten Abfahrt später noch weiter hinuntergefahren und traf in Todtnau, dem ersten großen Ort im hinteren Tal der Wiese, die am Feldberg entspringt, auf junge Männer, die ebenfalls mit Holzlatten im Schnee experimentierten. Erst durch eine Lektion des Franzosen Pilet begriffen die Todtnauer – alles junge Unternehmer und leitende Angestellte –, wie man Ski fährt.

Im nächsten Winter, in den Weihnachtstagen 1891, gründeten die Stammtischbrüder im Gasthaus Zum Ochsen den Skiclub Todtnau, luden frech zu einer „Weltausstellung für Schneeschuh-Requisiten“ ein und trugen dem norwegischen Polarforscher Fridjof Nansen die Ehrenmitgliedschaft in ihrem Verein an. Der bedankte sich brieflich am 6. Januar 1892 – somit ist die Club-Gründung auch belegt. Der allererste Skiclub war er dennoch nicht, räumt Herbert Kreuz vom Schwarzwald-Tourismus-Verband ein. „Es gibt wahrscheinlich auch nicht dokumentierte Anfänge.“ Tatsächlich wurde der wohl erste Wintersportverein schon 1890 in München gegründet, der löste sich aber nach fünf Jahren wieder auf, so dass der Skiclub Todtnau wirklich der älteste überlebende Skisportverein in Deutschland ist.

Nordische Sportarten

Nicht nur deswegen sind die Schwarzwälder stolz auf ihren Wintersport. Als der Skizirkus Jahrzehnte später richtig in Gang kam, vor allem nach dem 2. Weltkrieg und durch die technischen Möglichkeiten, Skipisten mit Liften und Gondeln bequem zu erreichen, wurden vor allem die Alpenländer zu Hauptschauplätzen – jedenfalls im Abfahrtsbereich, für den die Schwarzwaldhänge bald zu unspektakulär erschienen. Die nordischen Sportarten Langlauf und Sprung waren und sind eine Domäne der Skandinavier – aber auch der Schwarzwälder. Unvergessen sind die Erfolge des berühmtesten und legendären „Wälderbuben“ Georg Thoma (78). Der Briefträger aus Hinterzarten gewann die nordische Kombination aus Lauf und Sprung bei den Olympischen Spielen 1960 in Squaw Valley. Ein Ereignis vergleichbar mit dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft von 1954.

Damit begründete Thoma eine bis heute anhaltende nordische Erfolgsgeschichte im Schwarzwald. Sein Neffe Dieter Thoma wurde in den 1990er Jahren einer der weltbesten Skispringer, Weltmeister im Skiflug und zweimaliger Olympiasieger im Team. In ihren Glanzzeiten sammelten die „Schwarzwald-Adler“ wie der Schonacher Martin Schmitt und der aus dem Erzgebirge hierhergezogene Sven Hannawald und Kombinierer wie die Gebrüder Hettich Medaillen wie andere Pilze. Derzeit ist Fabian Rießle aus St. Märgen, Teamweltmeister der nordischen Kombination, der nordische Skistar im Schwarzwald.

Folgen des Klimawandels

Skisport im Schwarzwald ist vor allem auf dem Feldberg möglich. Die Auswirkungen des Klimawandels treffen erst die niedriger gelegenen Lifte und Pisten. Skisport ist der wichtigste Wirtschaftsfaktor am Feldberg: Drei Millionen Übernachtungen im Jahr, 400 000 Liftbenutzer in der letzten Saison, das macht laut Bürgermeister Stefan Wirbser eine Wertschöpfung von 80 Millionen Euro aus. Rund 2000 Arbeitsplätze hängen unmittelbar damit zusammen. Wirbser, zugleich Vorsitzender des Liftverbandes und Präsident des Skiverbandes Schwarzwald, verbreitet ungerührt Optimismus. Der Feldberg habe ein alpines Klima und die Durchschnittstemperaturen von Zermatt in der Schweiz. Also werde man auch „in den nächsten Jahrzehnten“ Wintersport treiben können – „dank der neuen Beschneiungstechnik“ freilich, also Schneekanonen, die bei Frost aus viel Wasser Kunsteis für die Pisten erzeugen.