Nach sieben Jahren Pause geht es endlich weiter: Sky zeigt die 9. Staffel der Comedy-Serie „Lass es, Larry!“. Produzent, Autor und Hauptdarsteller Larry David führt vor, wie schön es ist, wenn alte Männer ihr Ego auf die Schippe nehmen – und wie lustig.

Stuttgart - Authentizität – dieser so bleischwere wie gängige Begriff ist eigentlich weit weniger schön als das wärmere Wort Wahrhaftigkeit – Authentizität also ist ein seltenes Gut im Blendwerk der Fernsehunterhaltung. Nicht erst, seit uns Scripted Reality und Docutainment die Wirklichkeit am Bildschirm als Fiktion (oder umgekehrt) vorgaukeln, sind wir alle zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen: Irgendwie müssen wir ja echt von falsch zu unterscheiden. Gerade, wenn jemand eine Serienfigur unter seinem eigenen Klarnamen spielt. Wie Larry David.

 

Seit der als Produzent erfolgreiche Stand-up-Comedian aus Brooklyn vor knapp 30 Jahren einem weiteren Stand-up-Comedian aus Brooklyn, Jerry Seinfeld nämlich, zum Titelstar einer Sitcom ohne Stand-up-Nummern, aber mit viel Spontaneität gemacht hat, ist das Fernsehen ein anderes. Viele sagen sogar: ein besseres. Der Hauptdarsteller hat da nach Meinung mancher sein eigenes Leben hergezeigt, sich selbst verkörpert. Aber das ist angesichts der gezielten Vermischung von Dichtung und Wahrheit in „Seinfeld“ Ansichtssache. Tatsache hingegen ist die unbedingte Verehrungswürdigkeit von Larry David, der sich zwei Jahre nach dem Ende seines erstaunlich zeitlosen Welterfolgs höchstpersönlich zum Subjekt und Objekt einer ganz ähnlich gestrickten Sitcom gemacht hat: „Lass es, Larry!“

Nimm Dich lieber zusammen

So lautet jedenfalls gewohnt debil die Eindeutschung des Titels der beim US-Kabelsender HBO legendär gewordenen Serie „Curb your Enthusiasm“. Tatsächlich heißt das: „Dämpf deine Begeisterung!“ Respektive: „Nimm Dich lieber zusammen!“ Dem verblassenden Leitmedium Fernsehen gab diese Comedy, just, als das Internet als Massenmedium die Glotze in den Schatten zu stellen begann, ein bisschen vom strahlenden Glanz früherer Tage zurück. Wenn Sky nun nach sieben Jahren Pause endlich auch hierzulande die 9. Staffel ins Programm nimmt, spielt Larry David alias Larry David abermals sich selbst – und doch wieder jemand völlig anderen.

Wie der Multimillionär sein Leben, vorwiegend real existierende Hollywoodschauspieler und nebenbei gleich die ganze Epoche im schrillen Tonfall amerikanischer Kellerbühnenkomik aufs Korn nimmt, das ist auch 18 Jahre nach der Premiere noch authentisch – und viel zu überdreht, um wahr zu sein. Das Pointen-Prinzip dahinter beruht auf dem Faktor Ignoranz, an der besonders die männlichen Charaktere hingebungsvoll scheitern. Allen voran Larry David selbst.

Bis zur Schmerzgrenze unernst

Mit seiner ausgefeilten Kunst, jede Art zwischenmenschlicher Kommunikation in einer Kettenreaktion fahrlässiger Missverständnisse gegen die Villenwände von Los Angeles zu fahren, war Larry David schließlich nicht nur Vorbild für Bastian Pastewka. Der hat sich einst auf Sat 1 in „Pastewka“ ganz ähnlich – viele sagen sogar, noch besser – der dreiviertelfiktionalen Lächerlichkeit preisgegeben. In jüdischer Humortradition schafft Pastewskas 71-jähriges Vorbild Larry David aber etwas, das seiner Alterskohorte leider noch immer oft fremd ist: Er nimmt sich und sein männliches Ego bis zur Schmerzgrenze unernst. Damit bietet er Donald Trumps reaktionärem Machismo-Gehabe selbstreflexiv die fliehende Stirn.

Und das ist umso erstaunlicher, als „Lass es, Larry!“ eigentlich noch nie explizit politisch war, es sei denn in Form politischer Unkorrektheit, die hier keine noch so geschundene Randgruppe vom Spott ihrer eigenen Mitglieder auf sich selbst ausgenommen hat. Im ungebremst anschwellenden Testosteronsturm des aktuellen Populismus könnte nichts beruhigender sein als so eine Haltung. Und obendrein ist es, wenn schon nicht immer lustig, dann doch sehr, sehr wahrhaftig.

Ausstrahlung: Auf Sky, im Netz auf skyticket.de, wöchentlich neue Episoden