Eindrücke von der Slow-Food-Messe: Was Italiener über deutsche Spezialitäten und umgekehrt denken ist nichts gegen das, wonach sich ein Zweisternekoch auf Sylt sehnt.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Einen Italiener die deutsche Küche loben zu lassen, kann ein schwieriges Unterfangen sein. Aber Carlo Petrini ist nicht irgendein Italiener, sondern Gründer einer inzwischen weltweiten Bewegung, die sich einer nachhaltigen Genusskultur verschrieben hat. 1986 hat er Slow Food ins Leben gerufen. Und weil Petrini zur Eröffnung der Slow-Food-Messe sagte, „das muss euch ein Italiener sagen?!“ – dass wir Deutschen eine so reichhaltige Ernährung hätten, aber immer so pessimistisch seien und unser Licht unter den Scheffel stellen würden –, wollten wir’s wissen. Also, was zeichnet für diesen Italiener die deutsche Küche aus? „Die Suppen sind eure Schlachtrösser“, sagt Petrini.

 

Eine Mitgliedschaft bei Slow Food

Warum wir nach unserem höflichen Verweis auf die Minestrone gleich verdächtigt werden, zur Toskana-Fraktion zu gehören, ist uns ein Rätsel. Oder liegt es daran, dass Petrini aus dem Piemont stammt?

Dazu hat Christoph Mohr, der Marketingchef beim SWR ist, aber nun schon zum zehnten Mal auf der Slow-Food-Messe moderiert, eine hübsche Anekdote. Jüngst habe er einen alten Freund getroffen, der ihm von einem jahrzehntelang zurückliegenden Abend in Bra erzählte. In der Osteria del Boccondivino, einer Keimzelle von Slow Food, wie man heute weiß, wurden nur Mitglieder verköstigt, also habe er irgendwas unterschrieben und sei eins geworden. Zu Hause habe der sich das genauer angeguckt, etwas von Slow Food gelesen, aber bis heute nie die Forderung eines Mitgliedbeitrags aus Italien bekommen. Als Petrini die alte Geschichte auf der Messe hört, verspricht er, diesen Antrag „angemessen zu behandeln – selbstverständlich rückwirkend“. Typisch italienisch?

Ein Whisky aus der Staatsbrauerei

Apropos: zum Ausgleich haben wir die deutsche Slow-Food-Chefin gefragt, was für sie denn die italienische Küche ausmacht. „Die kongeniale Resteverwertung wie zum Beispiel mit Brotsalat“, sagt Ursula Hudson. „Und die Liebe zum Produkt.“

Die wurde auch beim offiziellen Rundgang über die Messe zelebriert, der Petrini zuliebe erst einmal im Piemont und in Umbrien Zwischenstopp machte. Schinken vom Lago Trasimeno? Wo ist der Schwarzwälder, mussten wir den in Baiersbronn lebenden Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz fragen. „Unser Schinken kommt auch noch“, glaubte Alexander Bonde, der kurz darauf lieber doch die Eigeninitiative ergriff – nun als Aufsichtsratsvorsitzender der Rothaus AG.

Eigentlich sollte es um schwäbischen Whisky aus Köngen gehen, der schließlich auch verkostet wurde, aber Bonde zeigte dem staunenden Petrini erst mal einen Whisky aus der badischen Staatsbrauerei. Aus dem Schwarzwald stammt auch der Zweisternekoch Johannes King, doch nach 17 Jahren auf Sylt ist er fast schon nordish by nature, Einsatz auf dem Fischkutter inklusive. Wir haben ihn zwischen Diskussionsforum und Kochwerkstatt abgepasst, wo er sich für die gute Sache von Slow Food einsetzte, obwohl er am nächsten Morgen um 9 Uhr wieder in seinem Söl’ring Hof sein musste.

Eine Anfrage von Tim Mälzer

Man kennt King aus der inzwischen eingestellten Kochshow von Markus Lanz, ein Fernsehkoch will er dennoch nicht sein. Nach Tim Mälzer, der in seiner „Kitchen impossible“ großmäulig Sterneköche wie Tim Raue, Juan Amador oder Alexander Herrmann zum Duell herausfordert, mussten wir aber schon mal fragen. Und prompt zeigte King sein Smartphone mit der soeben eingetroffenen Anfrage von Mälzer. Ob was draus wird? Schaun mer mal – und haben derweil eine letzte Frage: nach einem prägenden Gericht aus Kings Kindheit. Suppe hin, Brotsalat her – „Maultaschen!“ Die musste Mälzer übrigens in einer Challenge im Stuttgarter Schellenturm auch schon machen, und sagen wir mal so: irgendwie isch’s nagworda.