Mimik und Gestik sind aufgrund der Gesichtsmasken stark eingeschränkt. Das führt zu Missverständnissen – und belastet soziale Beziehungen. Daher ist es laut Experten ungemein wichtig, mehr auf die Körpersprache zu achten – und geben Tipps.

Berlin/München - Allein über die Sprache kommuniziert bis heute kein Mensch. Er gibt darüber lediglich Informationen weiter. Mimik, Gestik und Klang der Stimme liefern die emotionale Botschaft dazu, die Basis für den Beziehungsaufbau. Nun aber sind alle Menschen mit Mund-Nasen-Schutz unterwegs. Die Mundwinkel bleiben verborgen. „Plötzlich fehlt ein Teil unserer Körpersprache“, sagt Stefan Verra, Körpersprachexperte aus München. Doch auch die Augen spielen bei der nonverbalen Kommunikation eine Rolle.

 

Lachen baut Stress ab

Und die können mehr als nur starr über den Maskenrand zu blicken: „Wir werden uns ein neues Lächeln angewöhnen müssen; eins, das so breit ist, dass man die ganze Gesichtsmuskulatur spürt“, sagt Stefan Verra. Nur dann lachen auch die Augen mit. Und Lachen ist wichtig, betont Dirk Eilert, Experte für Mimik und Körpersprache aus Berlin. „Und jedes Lachen baut Stress ab. Und das kann in diesen belastenden Zeiten wirklich jeder gebrauchen“, sagt Eilert. Für alle Fans von Sonnenbrillen kommt jetzt eine schlechte Nachricht: „Zusammen mit einer Maske sind sie ein absolutes Tabu, denn dann verschwindet ja auch noch die Augenkommunikation“, sagt Stefan Verra. „Eine solche Vermummung erinnert an Terroristen.“ Er selbst zieht seine Sonnenbrille im Gespräch schon immer aus. Der Grund: „Das wirkt einfach unsympathisch.“

Zum Mundschutz bitte keine Sonnenbrille tragen

Nun finden die meisten Gespräche derzeit zwar ohnehin am Telefon statt – die Sonnenbrille wäre dabei also kein Problem –, doch selbst beim klassischen Anruf ohne Kamera wird auch nonverbal kommuniziert. Jemand, der entspannt im Schaukelstuhl sitzt und ein Glas Wein trinkt, redet anders als jemand, der aufgeregt durchs Zimmer läuft. „Unterbewusst stellen wir uns bei jedem Telefonat den Gesprächspartner bildhaft vor“, sagt Stefan Verra.

Videotelefonie nutzen

Alle Emotionen schaffen es über die Stimme aber nicht zum Empfänger – weshalb die Körpersprachexperten dafür plädieren, derzeit, wann immer möglich, mit Kamera zu telefonieren. „Je mehr Sinneskanäle für die Kommunikation genutzt werden, umso weniger Missverständnisse gibt es“, sagt Stefan Verra. Außerdem sieht man, ob jemand müde ist, glücklich wirkt oder gelangweilt.

Zwei Fehler sollte man beim Telefonieren mit Bild aber nicht machen: sich zu nah an die Kamera setzen und nach unten blicken. „Dann sieht der andere nur einen riesigen Kopf, der einen nicht anschaut. Mit so geringer Distanz und ohne Augenkontakt unterhalten wir uns im direkten Gespräch ja auch nicht“, sagt Stefan Verra.

Small-Talk weiterführen

Und weil es bei der Videotelefonie auch um den nonverbalen Austausch geht, empfiehlt Körpersprachexperte Dirk Eilert, sie weder beruflich noch privat ausschließlich zum Austausch von Informationen zu nutzen. „Wir gehen morgens ja auch nicht ins Büro und fangen direkt an zu arbeiten, sondern quatschen kurz mit den Kollegen über Alltagsdinge. Und das sollten wir uns auch in Zeiten von Homeoffice angewöhnen“, sagt Dirk Eilert.

Im Privatleben könne man sich solche sozialen Inseln schaffen, indem man sich mit Freunden auf ein Glas Wein vor der Kamera verabrede – oder zum gemeinsamen Sportmachen mit den Vereinskollegen. Das mag am Anfang vielleicht gewöhnungsbedürftig sein. „Aber unser Zusammenleben besteht eben nicht nur aus Informationsaustausch. Wir brauchen auch gemeinsames Lachen oder Schweigen und einfach das Zusammensein“, sagt Dirk Eilert. Beim Kaffeetrinken oder in der Kneipe finden die wirklich guten Gespräche, die emotionale Nähe erzeugen, ja auch erst dann statt, wenn der erste Informationsfluss verstummt ist.

Kindern Videokonferenzen mit Freunden ermöglichen

Auch kleinen Kindern sollten Eltern solche Videokonferenzen mit ihren Freunden ermöglichen, findet Dirk Eilert. Denn gerade in diesem Alter werde ja noch sehr viel ohne Worte kommuniziert.

„Wir müssen jetzt alle versuchen, diese nonverbale Kommunikation trotz räumlicher Distanz aufrechtzuerhalten.“ Wem das gelingt, der darf sich Eilert zufolge nach der Corona-Krise auch über gefestigte Freundschaften freuen.