November-Blues in Stuttgart? Diese Jahr war das eher Fehlanzeige. Der eigentlich eklige Herbstmonat hat mit Rekorden dazu eingeladen, doch draußen zu sein.

Stuttgart - November – da fallen einem doch automatisch die Mundwinkel nach unten. Das Wort tönt wie Winfried Kretschmann, wenn er über den Ernst der Lage spricht. Moll pur. Kurzum, der Monat steht für meteorologisches Grauen. Nebel, Nieselregen, um 5 Uhr am Nachmittag ist es dunkel, um 8 Uhr am Morgen noch nicht wirklich hell. Das Sonnenvitamin D gibt es eigentlich nur in der Apotheke, und selbst der fröhliche Nachbar hört bei gekipptem Fenster „God ist dead?“ von Black Sabbath – und sein Gesichtsausdruck verrät, dass man das Fragezeichen weglassen kann.

 

So war das früher immer, und aktuell im Oktober, als klar war, dass wir wieder einen Teil-Lockdown brauchen, haben viele schon vorsorglich Antidepressiva wie Johanniskraut oder schweren Rotwein geordert. Und dann? So ist das halt mit dem Wetter. Als gäbe es eine Allianz der Meteorologie mit dem Guten, damit die Menschen neben Corona nicht auch noch am Wetter verzweifeln. Stuttgart erlebte einen überaus sonnigen und milden November, an dem man nur kritisieren kann, dass er mit spärlichen 16 Litern Regen je Quadratmeter viel zu trocken war, wie zuvor schon sechs der zehn Monate von 2020. Zu einem normalen November fehlten satte 32 Liter.

Bestes Ausflugswetter zu Beginn des Monats

Aber abgesehen davon gab es eben bestes Ausflugswetter. Es hätte auch immer mal wieder noch für den Biergarten gereicht, aber da war das Virus dagegen. Immerhin konnte man wunderbare Abstandsspaziergänge in milder Luft machen und noch lange in der kurzen Hose radeln. Der November begann sogar mit einem Rekord. Am 1. November wurde mit 22,0 Grad die bisherige Rekordmarke aus dem Jahr 1968 (21,4 Grad) um 0,6 Grad übertroffen. „Der November 2020 war zu warm und sehr trocken“, sagt dazu Andreas Pfaffenzeller. Der Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) kann noch einen weiteren Rekord präsentierten: „Mit 137,6 Sonnenstunden, das sind knapp 194 Prozent des langjährigen Mittels, liegt der November auf Platz 1 seit Aufzeichnungsbeginn 1951.“

Es scheint so, als ob die Sonne Corona einfach wegstrahlen wollte. Genützt hat es leider bisher nichts, wobei sich das Wetter den gesamten Herbst über viel Mühe gab, antiviral aufzutreten. Die Zeit vom 1. September bis 30. November war sehr sonnig, sehr warm, aber auch sehr trocken. Es gab also sehr gute Bedingungen, um infektologisch unbedenklich draußen zu sein. Und das in einer Jahreszeit, in der man sich eher daheim einmummelt. So gesehen hat der Klimawandel wenigstens ein Gutes. Allein der November war in Stuttgart 2,2 Grad wärmer als ein normaler elfter Monat, der Herbst war um 1,8 Grad zu warm und damit der drittwärmste seit Aufzeichnungsbeginn. Der November übernimmt immer mehr die Rolle, die früher der Oktober hatte, also golden zu sein.

Eine Prise Schnee zum Winterauftakt

Einen Hauch Schnee gab es gleich zum Winterauftakt – und jetzt die Prognose: Es geht absehbar zumindest nasskalt weiter. Und natürlich bleibt die Frage nach den weißen Weihnachten. Wäre ja schön, wenn man sich schon jetzt ein wenig Hoffnung machen könnte. Eine Prognose kann es aber noch nicht geben, dafür jedoch einen Trend, der Hoffnung macht auf das erste weiße Weihnachten seit 2010. Der Polarwirbel, der die vergangenen Jahre sehr stabil war, was hierzulande den Winter verhindern kann, „flattert“ aktuell, sagen Meteorologen. Der Wirbel habe sehr viel mehr Dynamik als 2019. Und wenn der Wirbel die Flatter kriegt, steigen die Chancen auf Schnee im Ländle gewaltig. Na dann Wirbel – gib alles.