Mechthild Hubl aus Leinfelden ist eine von 1200 Hobbygärtnern, die derzeit den Soja-Anbau auf deutschen Äckern testen. Sie nimmt mit ihrem Garten in Stuttgart-Möhringen an einem Projekt der Universität Hohenheim teil.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Filder - Rund 80 verschiedene Gemüsesorten von Amaranth bis Zwiebel baut Mechthild Hubl in ihrem zwölf Ar großen Garten in Stuttgart-Möhringen an. „Ich bin schon lange Selbstversorgerin“, sagt die Leinfeldenerin. Neu im Programm hat sie Soja-Pflanzen. Der Grund dafür ist das Projekt „1000 Gärten – Das Soja-Experiment“, das von der Universität Hohenheim und dem Tofu-Hersteller Taifun durchgeführt wird. Schon 2016 und erneut dieses Jahr wurden im ganzen Bundesgebiet Hobbygärtner dazu aufgerufen, in ihren Gärten auf sechs Quadratmetern zwölf verschiedene Soja-Sorten anzubauen und deren Gedeihen zu dokumentieren. So werden rund 1000 verschiedene Soja-Stämme getestet. Das Bundesministeriums für Bildung und Forschung fördert das Projekt.

 

Anhand der Erfahrungen der Teilnehmer soll herausgefunden werden, welche Kreuzungen sich eignen, um in verschiedenen Regionen Deutschlands zu wachsen, und ob deren Qualität reicht, um daraus Tofu herzustellen. Denn bislang wird die Hülsenfrucht vor allem in Südamerika angebaut und auf weiten Wegen nach Deutschland transportiert. Bio-Qualität gibt es kaum, was für den Tofu-Hersteller Taifun aber ein Muss ist.

Die Soja-Pflanzen reagieren ganz unterschiedlich

Um Soja in Europa anzubauen, genügt es aber nicht, einfach nur die gängigen Kreuzungen aus Südamerika hierzulande einzusäen. „Diese Sorten reifen hier viel zu spät“, erklärt Mechthild Hubl. In ihrem Garten zeigt sich ganz deutlich, wie unterschiedlich den verschiedenen Soja-Pflanzen das hiesige Klima gefällt: Einige sind braun und damit erntereif, andere stehen noch voll im Saft und sind damit in ihrer Entwicklung viel zu spät dran. „Manche haben auch nur ganz kleine Schoten, da ist das Wachstum noch nicht beendet“, sagt die 56-Jährige. Für das Projekt dokumentiert sie außerdem die Pflanzenhöhe, deren Standfestigkeit, den Abstand der Hülsen vom Boden (das ist wichtig für das maschinelle Ernten), die Zahl der Hülsen sowie die darin enthaltenen Bohnen.

Die Mühe hat sich die studierte Agrarwissenschaftlerin gerne gemacht. „Ich war neugierig, wie Soja wächst. Ich mag es, Pflanzen vom einen Samenkorn bis zum nächsten Samenkorn zu begleiten.“ Außerdem würde sie sich freuen, wenn Soja auch hierzulande eine Zukunft hätte: „Es ist eine wichtige, eiweißreiche Ergänzung unserer Nahrung.“ Ihr schmecke Tofu, wenngleich sie und ihr Mann weder Vegetarier noch Veganer sind. Von einer Zubereitung ist sie richtig begeistert: Edamame. Hierfür werden unreife Schoten geerntet, gekocht und die Soja-Bohnen ausgepult. „Das schmeckt herrlich. Das wird mir künftig die Erbsen ersetzen. Denn die machen wegen der Schädlinge zunehmend keinen Spaß mehr“, sagt Hubl.

Doch nicht nur für den eigenen Speiseplan ist Soja eine gute Ergänzung, sondern auch für die Ackerböden hierzulande, erklärt Professor Tobias Würschum, der Leiter der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim. Denn Soja zählt zu den sogenannten Leguminosen und kann anhand von Wurzelknöllchen wertvollen Stickstoff im Boden binden. „Man muss keinen Stickstoff düngen, Soja-Pflanzen versorgen sich selbst damit“, sagt Würschum. Weniger Einsatz von Düngemitteln schütze die Umwelt. Und auch die Folgekulturen profitierten von dem fruchtbaren, nährstoffreichen Boden.

Bald schicken die 1200 Gärtner ihre Ernte ein

Wenn Mechthild Hubl und rund 1200 weitere Hobbygärtner in den nächsten Wochen ihre Ernte an die Projektleiter einschicken, werden diese den Eiweiß- und Fettgehalt der Soja-Bohnen testen. Davon hängt ab, ob die Qualität für die Tofu-Herstellung ausreicht. „Und wir müssen das Ertragspotenzial abschätzen“, sagt Würschum. Schließlich müsse sich der Anbau für die Bauern auch rechnen. Er habe den Eindruck, dass Soja-Pflanzen durchaus wettbewerbsfähig seien: „Ich denke, dass Soja in Deutschland eine Zukunft hat.“

Bis tatsächlich in einem größeren Umfang Soja hierzulande angebaut werden kann, werden aber noch zwei, drei Jahre ins Land gehen, denn vorher müsse das Bundessortenamt die neuen Kreuzungen auf Krankheitsresistenzen, Ertrag und Unterschiede gegenüber bereits zugelassenen Sorten prüfen.