Jetzt also schon Staffel 8 für die Soko Stuttgart! Die Vorabendserie des ZDF lockt seit 2009 Freunde des gesitteten Thrills vor die Glotze. Seit Folge eins dabei: Benjamin Strecker in der Rolle des IT-Nerds Rico Sander. Ein Treffen abseits der Tatorte.

Stuttgart - Zugegeben: Es knallt hier nicht besonders oft. Mord kommt vor in Stuttgart, ist aber durchaus so selten, dass man den Alltag einer Stuttgarter Mordkommission schon mal als etwas langweilig bezeichnen kann. Kein Vergleich zu „CSI: Miami“ oder unseretwegen auch „Alarm für Cobra 11“, die immer so schön machomäßig über die Autobahn brettern und dabei vergessen, dass sie keine Highway Cops sind. Dennoch: in der Region wimmelt es vor Krimis und Menschen, die diese begeistert goutieren.

 

 

Der Tatort-Ableger lockt Millionen an, Lokalkrimiautoren wie Wolfgang Schorlau verkaufen abertausende Bücher, die Krimiserie Soko Stuttgart flimmert derzeit in der achten Staffel über die Bildschirme. Für Benjamin Strecker, seit der ersten Folge als IT-Spezialist Rico Sanders am Start, nichts Außergewöhnliches. „Das Aufeinandertreffen vieler sozialer Schichten, Einkommensklassen, Ethnien und Kulturen, gepaart mit einer großen Bürgerlichkeit verlocken natürlich dazu, darin Kriminalgeschichten anzusiedeln“, schätzt er die Lage ein und ergänzt: „Generell hat Stuttgart nicht mehr Lokalkrimis als andere Großstädte.“

 

Kehrwoche am Sonntag

 

Dafür aber weniger Kriminalität, könnte man dagegenhalten. Aber vielleicht macht das ja den Reiz aus: Lieber schön vor dem Fernseher mitfiebern, wenn ein Mord aufgeklärt wird, als das tagtäglich vor der eigenen Haustür mitzuerleben.

 

Der 33-Jährige Strecker jedenfalls findet: „Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte, da ist es sekundär, wo genau sie spielt.“

 

Der heimliche Star ist die Stadt

 

Das scheinen die Zuschauer genauso zu sehen. Seit Anfang Oktober läuft sie, die neue Staffel, in der es auch wieder einige prominent besetzte Nebenrollen und Gastauftritte geben wird. Michael Gaedt als Dauergast Karl-Heinz „Schrotti“ Schrothmann kennt man ja schon seit Staffel eins, irgendwann in dieser neuen Staffel wird auch Anica Dobra zu sehen sein.

 

Der heimliche Star ist neben den Hauptdarstellern aber natürlich die Stadt selbst. Gedreht wird überwiegend in den Studios am Römerkastell, ergänzt um Außendrehs bei so ziemlich jeder Folge. „Gefühlt waren wir schon überall“, kommentiert Strecker, besonders gern erinnert er sich an die Drehs in einigen schmucken Stuttgarter Villen, die er sonst wahrscheinlich nicht so ohne weiteres betreten hätte.

 

Weisheiten für Soko-Schauspieler

 

Wird eine neue Staffel gedreht, läuft das in der Regel so ab: „Für uns Schauspieler beginnt der Drehtag mit einem Aufenthalt in der Maske und im Kostüm. Dann wird kurz geprobt und anschließend gedreht. Szene für Szene. Da wir vier Drehbücher gleichzeitig realisieren, werden die Szenen wild durcheinander gedreht“, so der Schauspieler.

 

Ein Drehtag dauert normalerweise zehn Stunden, manchmal sogar bis zu 13. „Wir drehen fünf Tage die Woche, gelegentlich auch am Wochenende. Die Hälfte der Drehtage wird im Studio im Römerkastell gearbeitet, die andere Hälfte schwirren wir in und um Stuttgart herum.“ Klar, da kommt in acht Jahren so einiges zusammen.

 

Neben vielen Fleckchen wie der Stadtteil Münster wäre Strecker ohne seine Soko-Arbeit auch die eine oder andere Weisheit verborgen geblieben. „Man sollte nicht auf die Idee kommen, am Sonntag in Münster seine Kehrwoche erledigen zu wollen. Man wird zwar nicht gleich öffentlich gesteinigt, ist aber bestimmt nicht weit davon entfernt.“

 

Wie bitte, Marschmusik?

 

Natürlich hat sich auch sein Verhältnis zu seinem recht speziellen Charakter Rico über die Jahre gewandelt. Vor allem, weil seine Rolle wie sein Charakter damals noch ganz am Anfang standen. „Rico kam als halbes Kind zur SOKO. Er liegt im autistischen Spektrum, war mit der Welt und den Menschen darin oft völlig überfordert. Mittlerweile“, so Strecker, „ist er erwachsender geworden, hat gelernt, mit Dingen besser umzugehen und sein Dasein als etwas Richtiges zu begreifen.“

 

Bei allen Herausforderungen ist er ziemlich froh darüber, eine Figur so lange Zeit spielen und entwickeln zu können. „Man braucht dafür einen langen Atem und muss vieles sportlich nehmen, aber wenn es gelingt, dann ist es sehr erfüllend.“

 

Von Donau auf Neckar

 

Viel mehr hat er auf der Leinwand seither deswegen auch nicht gemacht, war davor jedoch in zahlreichen Filmen und am Theater zu sehen – ganz zu schweigen von seinen Studienjahren in Wien. „Ich habe am Max-Reinhardt-Seminar Schauspiel studiert und hatte dort vier intensive und tolle Jahre. Diese Stadt, die Ausbildung und die Kultur haben mich sehr geprägt. Stuttgart und Wien“, stellt er lächelnd fest, „verhalten sich zueinander wie Marschmusik zu Walzer.“

 

Dass ihm die Umstellung von Donau auf Neckar nicht schwer fiel, dürfte auch an seiner Interimszeit in Gießen gelegen haben, wo er nach seiner Rückkehr aus Österreich für zwei Jahre Station machte.

 

Schlossgartenreste

 

Nun also wieder Stuttgart. Nun also wieder die Stadt seiner Kindheit und Jugend. Gut, allzu viel Freizeit hat er nicht, aber wenn mal etwas mehr davon zur Verfügung steht, als mit den Kollegen ein schnelles Bier am Römerkastell zu trinken, hat Strecker sehr genaue Pläne: „Eine ideale Stuttgart-Tour müsste auf jeden Fall den Fernsehturm, die Innenstadt inklusive Markthalle, die Reste des Schlossgartens, die Wilhelma, den Max-Eyth-See, das Weindorf und das Sommerfestival der Kulturen beinhalten… und in einem Besen enden.“

 

Die Reste des Schlossgartens? Ganz recht, Strecker macht keinen Hehl aus seiner S21-Aversion und muss nicht lange überlegen, was er in den vergangenen Jahren in der Stadt als besonders kriminell empfand: „Ich hätte Stefan Mappus ein großes kriminelles Potential zugetraut“, meint er trocken. Und ärgert sich vielleicht insgeheim, dass er nicht ermitteln durfte.

 

Soko Stuttgart: Die achte Staffel wird immer donnerstags um 18:05 Uhr im ZDF ausgestrahlt.