In Berlin treffen sich die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin, um über eine Reform ihrer Finanzbeziehungen zu reden. Es gibt viele Vorschläge. Aber der Bund will eine Nachdenkpause.

Berlin - Wenn die Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag zum turnusmäßigen Treffen mit der Kanzlerin erscheinen, sind die Erwartungen an das Gespräch gering. Zu verfahren ist die Diskussion darüber, wie es mit dem Solidaritätszuschlag (Soli) und den Finanzbeziehungen weitergehen soll. Immerhin geht es allein beim Soli um jährliche Einnahmen von 15 Milliarden Euro. Bei dieser Summe bekommen Ministerpräsidenten leuchtende Augen. Sie konnten sich bisher aber nur darauf verständigen, dass der Zuschlag zur Einkommen-, Körperschaft- und Kapitalertragssteuer künftig auch in den Kassen von Ländern und Gemeinden landen soll. An Vorschlägen, wie das bewerkstelligt werden kann, mangelt es nicht. Doch in der öffentlichen Debatte wird eines häufig übersehen: Das Aufkommen aus dem Soli steht allein dem Bund zu. Die Länder mögen sich mit Vorschlägen überbieten, doch ohne die Zustimmung des Bundestags ändert sich gar nichts.

 

In den Besprechungen mit den Ländern weist Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zwar stets darauf hin, dass der Soli unbefristet erhoben wird. Anders als der Solidarpakt, der 2019 ausläuft, bleibt der Soli in der bisherigen Form bestehen, wenn der Bundestag nicht etwas anders beschließt. Tatsächlich hat aber auch der Finanzminister Interesse an einer neuen Regelung. Die Politik hat den Soli immer damit begründet, dass damit die deutsche Einheit finanziert wird. Doch diese Begründung wirkt von Jahr zu Jahr weniger überzeugend. Denn die Mittel für den Solidarpakt sinken. Die Regierung muss aus diesem Grund befürchten, dass eines Tages Gerichte den Soli kassieren könnten. Dennoch sitzt der Bund am längeren Hebel. Die starke Position will er auch nutzen. „Wir müssen aufpassen, dass eine Einigung nicht zu Lasten des Bundes geht“, sagt der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus.

Auch die Bundesregierung muss noch ihre Position klären

Aus Sicht der Bundesregierung reicht es nicht, allein auf den Soli zu schielen: Ziel der Reform sollte eine Entflechtung der Bund-Länder-Finanzen sein. Dazu gehört aus Berliner Sicht eine neue Aufteilung von Aufgaben und Finanzströmen. Über diese Vorhaben ist bisher kaum verhandelt worden. Es ist nun zu erwarten, dass der Bund erst einmal eine Abkühlungsphase verordnet. Die Verhandlungen werden auf 2015 verschoben.

Das Innehalten ist schon deshalb notwendig, weil die Regierung ihre Positionen klären muss. Wochenlang wurde über einen Vorschlag gesprochen, den Wolfgang Schäuble und sein SPD-Verhandlungspartner Olaf Scholz erarbeitet hatten. Ziel war es, den Soli in der Einkommensteuer aufgehen zu lassen. Damit ist die SPD einverstanden. Doch Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer bekamen plötzlich kalte Füße. Sie befürchten, dass die Soli-Umwidmung als Steuererhöhung ausgelegt werden könnte. Tatsächlich gäbe es bei der Übertragung des Soli in den Einkommensteuertarif auch Verlierer: das wären – je nach Modell – etwa die Familien.

Nils Schmid will die kalte Progression einbeziehen

Der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) schlägt deshalb vor, die Eingliederung des Soli in die Einkommensteuer mit dem Abbau der kalten Progression zu verbinden. „Das gemeinsame Ziel muss es sein, die Mitte der Gesellschaft bei der kalten Progression zu entlasten“, sagt Schmid. Dies hat die Union auf ihrem Parteitag beschlossen. Mit Hilfe des Soli-Aufkommens könne dies gelingen, ohne Löcher in die Haushalte zu reißen, argumentiert Schmid. Für die Länder wäre dies zweifellos die vorteilhafteste Variante.