Nach der Unwetterkatastrophe stehen die Winzer an der Ahr vor den Trümmern ihrer Existenz. Stuttgarter Sommeliers wie Andreas Lutz sammeln nun für sie. Vincent Klinks Wielandshöhe geht mit gutem Beispiel voran.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Die Bilder aus dem Landkreis Ahrweier im Norden von Rheinland-Pfalz führen die zerstörerische Kraft des Wassers schmerzhaft vor Augen. Für die Menschen dort ist der Weinbau einer der wichtigsten Wirtschaftszweige und lockte dazu bisher Touristen an. Die Ahr hat weite Teile des Ufers überschwemmt und zerstört, was Winzer über Generationen aufgebaut haben. Die Sturzflut spülte Keller der Weingüter leer, zerstörte Maschinen, Fahrzeuge und Weinberge. Stuttgarter Sommeliers geht dieses Schicksal sehr nah.

 

„Die Hilfsbereitschaft unter Winzern sowie in der Gastronomie und im Handel war innerhalb von Stunden und wenigen Tagen so groß, dass man sich gar nicht groß abstimmen oder zusammentun musste“, berichtet Andreas Lutz, seit zehn Jahren Restaurantleiter und Sommelier der Wielandshöhe in Stuttgart. Wer das Restaurant besucht, kann bei der Bestellung helfen.

Vincent Klink freut sich über die Initiative der Sommeliers

Auf der Getränkekarte stehen nun Ahrweine im Fokus. Die kompletten Einnahmen davon gehen an die Winzer in den ruinierten Gebieten. Ein 0,1-Liter-Glas Spätburgunder des Weinguts Meyer-Näkel aus Dernau etwa kostet 15 Euro. „Die Resonanz ist sehr gut“, freut sich Sommelier Andreas Lutz. Manche Gäste würden noch mehr bezahlen. Das Bedürfnis, Menschen zu helfen, die fast alles verloren haben, ist groß im Sternerestaurant, wo sich Gäste treffen, denen es überwiegend gut geht.

Vincent Klink freut sich über die Initiative seines Restaurantleiters. Die Arbeit eines Sommeliers sei ohnehin immer wichtiger geworden – auch für die Trinkkultur. „Ich erlebte es noch, als französische Reisende beim ,Württemberger’ Lachkrämpfe bekamen“, sagt er, „das ist schon lange vorbei.“ Deutschland habe mittlerweile „ein wirklich kundiges Weinpublikum“ und dementsprechend „heimische Spitzenqualität“.

„Die Solidarität gibt Hoffnung“

„Nach dem langen Lockdown und der andauernden Pandemie ist es umso bemerkenswerter, wie viele Kollegen Hilfsbereitschaft zeigen“, findet Lutz. Nach der schlechten Stimmung, die wegen Corona und den monatelangen Schließungen in der Gastronomie herrschte, sei es „wunderbar“, sagt Lutz, „dass wir Menschen doch zusammenhalten und selbstlos sind, wenn es darauf ankommt“. Dies gebe „Hoffnung“. Viele Weingüter in Stuttgart beteiligen sich an der Hilfe. Das Weingut Schwarz etwa unter dem Hashtag #solidAHRität. Einige VdP-Weingüter wie Aldinger und Schnaitmann verkaufen limitierte Weinpakete: Drei reife Spitzenweine aus älteren Jahrgängen für 300 Euro, das Geld geht komplett an die Ahr.