Mit seiner Schwester Natalia wollte der Ukrainer Andriy Ruzhilo am 11. März Premiere feiern in der Show „Pure“ im Stuttgarter Friedrichsbau. Doch der Jongleur bleibt im Krieg. Das Varieté zahlt ihm trotzdem die Gage aus Solidarität.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Schon öfter ist das Geschwisterpaar Natalia und Andriy Ruzhilo aus Kiew mit Antipoden-Artistik und Hula-Hoop-Reifen in europäischen Varietés und in Zirkuszelten gefeiert worden. Die beiden gelten als Vertreter der neuen Generation von Artisten, die mit Experimentfreude eine traditionelle Kunst weiter voranbringen. „Pure“, so heißt die neue Show im Stuttgarter Friedrichsbau Varieté, die „artistisch, sinnlich und burlesque“ das Publikum verzaubern will. Am Freitag, 11. März, ist Premiere auf dem Pragsattel. Einer der Akteure kann nicht dabei sein: Andriy Ruzhilo bleibt in seiner Heimatstadt Kiew. Männer im Alter bis zu 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen. Denn im Land ist Krieg, weil Putin die Invasion befohlen hat. Andrjy muss wegen Putin kämpfen und kann nicht zum Spaß des Stuttgarter Publikums jonglieren.

 

Theater der Altstadt hat blau-gelbe Schals genäht

Varieté-Chef Timo Steinhauer hat beschlossen, den jungen Artisten, der im Krieg kämpfen muss, nicht durch einen Kollegen zu ersetzen. „Andriy bekommt, auch wenn er nicht bei uns auftreten kann, seine vereinbarte Gage“, sagt der Intendant unserer Redaktion.

Damit unterstreicht das Theater Solidarität, die in diesen Tagen in Stuttgart an vielen Orten zu spüren ist. Das Theater der Altstadt etwa hat blau-gelbe Ukraine-Schals genäht, mit denen alle Beteiligten bei der Premiere von „Hexen“ am Freitagabend am Ende auf der Bühne erschienen sind. Im Friedrichsbau wird Natalia Ruzhilo bei „Pure“ alleine vors Publikum treten, das, weil der Bruder und Bühnenpartner fehlt, Abend für Abend spüren wird, wie schmerzhaft es ist, was in Osteuropa geschieht und dass nichts mehr so ist wie es war.