Trotz Fridays-for-Future-Demos, Klimaschutz- und Flugscham-Debatten sind Deutschlands Flughäfen und Autobahnen auch in diesem Sommer wieder mal proppevoll gewesen. Eine Zwischenbilanz 2019.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - In Baden-Württemberg gehen die Sommerferien in die Schlussphase. Am 9. September beginnt das neue Schuljahr. In den meisten anderen Bundesländern müssen die Schüler schon längst wieder büffeln, grübeln und pauken.

 

Trotz hitziger Klimaschutz-Diskussionen und zahlreicher Fridays-for-Future-Demos sind Deutschlands Flughäfen und Autobahnen wieder einmal proppenvoll gewesen. Wie war der Sommerreiseverkehr 2019? Zeit für eine Zwischenbilanz:

Der Stuttgarter Flughafen ist eine wichtige Verkehrsdrehscheibe in Süddeutschland. Wie hat sich hier der Reiseverkehr angesichts der derzeitigen Klimaschutz-Debatte entwickelt?

Am Stuttgarter Flughafen merkt man statistisch gesehen noch nichts von einem Bewusstseinswandel. Im Juli haben die Passagierzahlen die 1,3-Millionen-Marke erreicht – 8,1 Prozent mehr als im Juli 2018. Für die Sommerferien geht der Airport von 2,2 Millionen Fluggästen aus.

„Die Diskussion um klimabewusstes Reisen trägt zum Bewusstseinswandel bei“, erklärt Flughafensprecher Johannes Schumm. „Aber dies bildet sich derzeit nicht bei den Passagierzahlen ab. Die Nachfrage ist enorm. Auch 2019 haben wir wieder einen erheblichen Zuwachs.“

Werden die Fridays-for-Future-Demos Folgen insbesondere für den Flugverkehr in Deutschland haben?

Der Mobilitätsforscher Andreas Knie, Professor für Soziologie an der TU Berlin, sagt voraus: Von Sommer 2020 an werden etwa ein Viertel weniger Billigflugangebote gebucht werden. Die meisten Leute hätten ihre Flüge für diesen Sommer bereits 2018 gebucht.

„Das Bewusstsein, dass Fliegen jetzt nicht unbedingt klimafreundlich ist“, habe jedoch „erst seit Anfang des Jahres Dominanz gewonnen.“ Der Effekt sei noch nicht so groß, wie er es sich wünsche und wie es auch nötig wäre, betont der Verkehrsexperte.

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Wie ist die aktuelle Verkehrslage auf den deutschen Fernstraßen? Müssen Reisende mit langen Schlangen auf den Autobahnen rechnen?

Auch wenn die Autoschlangen nun deutlich kürzer werden, ist nach Einschätzung des ADAC ein Ende des Reiseverkehrs noch nicht in Sicht. Die letzten Sommerurlauber – dazu zählen Autofahrer aus Bayern und Baden-Württemberg sowie aus den Niederlanden – sind auf dem Heimweg, weil dort demnächst die Ferien enden.

Die größte Staugefahr erwartet der ADAC am bevorstehenden Wochenende in Süddeutschland – und dort vor allem in Fahrtrichtung Norden. Richtung Süden sind Späturlauber und Besucher der Bergwandergebiete unterwegs. Am Samstag gilt letztmals das Sommerfahrverbot für Lkw über 7,5 Tonnen.

Auf welchen Fernstraßen droht vor allem Staugefahr?

Laut ADAC sind dies die Fernstraßen zur und von der Nord- und Ostsee sowie (jeweils in beiden Richtungen) die Autobahnen im Südwesten und Süden Deutschlands, also etwa die A5, A7, A8, A9 und A81. Auch auf den Fernstraßen im benachbarten Ausland herrscht erfahrungsgemäß zeitweise Hochbetrieb.

Zu den Problemstrecken zählen wie so oft die Tauern-, Fernpass-, Brenner-, Karawanken- und Gotthard-Route. Entlang der Inntal-, Brenner- und Tauernautobahn ist wegen der Sperre von Ausweichrouten mit hohem Verkehrsaufkommen zu rechnen.

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Wie haben sich die Fahrverbote im österreichischen Bundesland Tirol auf den Reiseverkehr in der Sommerreisezeit ausgewirkt?

Das österreichische Bundesland Tirol zieht eine positive Zwischenbilanz der Fahrverbote auf Ausweichstrecken. „Die gewünschten Entwicklungen sind eingetreten – unsere Maßnahmen zeigen Wirkung“, unterstreicht der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter.

Insgesamt hat Tirol seit Juni auf 16 Teilstrecken Fahrverbote erlassen. Seitdem gilt: Wer kein Ziel in der Umgebung hat, darf die Autobahn an Wochenenden an bestimmten Ausfahrten nicht verlassen. Das soll Schleichwegnutzern einen Strich durch die Rechnung machen und die Orte entlasten, in denen sich in der Ferienzeit oft Autokolonnen Schritt für Schritt voranschieben.

Bis wann gelten die Fahrverbote im Nachbarland?

Die teilweisen Sperrungen für Lastwagen, Autos und Motorräder auf den Straßen im Großraum Innsbruck, bei Kufstein und Reutte gelten noch bis zum 15. September und damit etwa eine Woche über das Ende der bayerischen Urlaubszeit hinaus.

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Welches Resümee ziehen Ortsvorsteher von Tiroler Gemeinden?

Die Bürgermeister sind zufrieden. „Bisher hat man immer verhandelt und nicht gehandelt“, sagt Martin Krumschnabel, der Bürgermeister von Kufstein – mit 19 500 Einwohnern nach Innsbruck die zweitgrößte Stadt von Tirol. „Wenn kein Druck von der Bevölkerung da ist, verhandeln wir in zehn Jahren noch. Und das ist jetzt, glaube ich, unterbrochen.“ Krumschnabel hofft, dass das Fahrverbot auch wieder im Winter gilt.

„Das war für uns alle wie Ostern, Weihnachten und Geburtstag zusammen. Wir leben wieder im Paradies“, berichtet Walter Hofer, der Bürgermeister von Ellbögen In der 1100-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Innsbruck Land liegen fast alle Häuser an der schmalen L38, auf der sich gerade einmal zwei Pkw aneinander vorbeizwängen können.