Buchstabe für Buchstabe mussten Schriftsetzer früher den Text für eine Buchseite, ein Werbeblatt oder eine Glückwunschkarte mühsig zusammensetzen. Dann konnte der Text in Druck. Diese Technik zeigt der Ortsgeschichtliche Verein Hemmingen nun in einer Sonderausstellung im Etterhof.

Hemmingen - Etwa vier bis fünf Stunden hat es in den 1970er Jahren gedauert, bis die zwölf Seiten des Hemminger Amtsblatts gesetzt waren. Dann erst konnten sie gedruckt werden. Aufwändig im Buchdruckverfahren wurden die Seiten hergestellt, eine Praxis, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann. Ein guter Grund für den Ortsgeschichtlichen Verein Hemmingen, das Thema in einer Sonderausstellung im Etterhof aufzugreifen. Zumal der Verein durch Zufall an eine größere Zahl von Exponaten gekommen ist, die meisten davon aus der Privatsammlung des Schriftsetzers Rudi Dobler. „Mein Großvater war Grafiker, da sollten mein Bruder und ich was im Buchdruck lernen“ sagt der 76-Jährige.

 

Der Hemminger war 13 Jahre lang für das Setzen der Seiten des Hemminger Amtsblatts zuständig. Im Auftrag seines Arbeitgebers, der Druckerei Albrecht in Münchingen, erstellte er neben den Amtsblättern aus Hemmingen und Münchingen auch Werbung, Trauer- und Geburtskarten, Briefbögen und Visitenkarten. Insgesamt 28 Jahre lang hat er als Setzer gearbeitet, bevor der Off-Set Druck die Arbeitsabläufe komplett veränderte und Dobler fortan keine Buchstaben mehr von Hand legte, sondern an der Maschine arbeitete.

Schwabenfreundliche Preise

„Die Arbeit hat mir immer sehr viel Spaß gemacht“, sagt der Senior. Was sicherlich mit ein Grund dafür ist, dass er irgendwann damit begann, alles zum Thema Buchdruck und Setzen zu sammeln. „In meinem Keller stehen ganz viele Exponate“, sagt er stolz. Auch das kleinste Buch der Welt befindet sich darunter und ist derzeit in Hemmingen zu sehen: auf sechs mal fünf Millimeter ist das Vater Unser in vier Sprachen abgedruckt. „Das Buch habe ich zu meiner Gesellenprüfung bekommen“, sagt Dobler. Zusammen mit einem Winkelhaken, einer Ahle, einer Pinzette und einem Typometer: den typischen Werkzeugen eines Setzers, mit denen Dobler tagtäglich gearbeitet hat und die es nun ebenfalls in der neuen Ausstellung zu sehen gibt.

Jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr stehen der Etterhof und die Sonderausstellung offen. „Zu schwabenfreundlichen Preisen. Der Eintritt kostet nix“, lacht Dobler. Meist ist der ehemalige Schriftsetzer selbst vor Ort, erklärt die Techniken und beantwortet die Fragen der Besucher. Wer möchte, kann sich auch selbst als Setzer versuchen und eine Zeile aus den schweren Bleilettern zusammenstellen. „Futura und Helvetika waren zu meinen Lehrzeiten die beliebtesten Schriftarten“, erinnert sich Dobler.

Angebot zum Brotbacken

Neben der Sonderausstellung, die noch bis Oktober in dem ehemaligen Bauernhof und heutigen Museum zu sehen ist, zeigt der 2002 gegründete Geschichtsverein viele Exponate aus dem alltäglichen Leben der Hemminger von früher. Wie etwa ein Kissen, auf dem die Frauen früher ihre rohen Kuchen auf dem Kopf balancierend zum Bäcker gebracht haben. Oder einen Vorratsschrank mit eingebauter Naschsperre. „Wenn man den Schrank rechts abschließt, kommt man an die Schubladen links auch nicht mehr ran“, sagt Christel Raasch vom Verein.

Auch alte landwirtschaftliche Geräte und Handwerkzeuge, wie eine alte Schuhnähmaschine, sind ausgestellt. Jeden ersten Freitag im Monat bietet der Verein einen besonderen Service an: Dann wir der Holzbackofen angefeuert und Brot gebacken wie zu Uromas Zeiten. Wer mitbacken möchte, sollte sich vorher telefonisch bei Raasch (0 71 50/ 8 22 16) anmelden.