Im Württemberghaus startet am Sonntag eine neue Sonderausstellung. Unter dem Motto „Birkel, Graze und Co.“ geht es um die bekanntesten Firmen der Stadtgeschichte.

„Birkel, Graze und Co.: Weinstädter Industriegeschichte(n) - Schätze aus privaten und städtischen Sammlungen“, so heißt die neue Sonderausstellung im Württemberghaus in Weinstadt-Beutelsbach. Die Vernissage ist am Sonntag, 19. März, um 11.15 Uhr. Es geht um Firmen mit besonderem Ruf und Gründungsdatum vor 1950.

 

Zum Wein kommt die Industrie Der namengebende Wein spielt in den heutigen Weinstädter Stadtteilen seit dem Mittelalter eine prägende Rolle, heißt es in den Erläuterungen zur neuen Ausstellung in der Beutelsbacher Stiftsstraße. „Doch um 1900 setzte auch hier die Industrialisierung ein.“ Diese sei in Weinstadt vor allem mit der einstigen Weltfirma Birkel verbunden, die sich 1909 in Endersbach niederließ und lange Zeit die größte Nudelfabrik Deutschlands und die bekannteste Nudelmarke hierzulande war. Aber auch die aus dem lokalen Handwerk hervorgegangene Fabrik für Bienenzuchtgeräte Christian Graze ist – bis heute – weit über die Region hinaus bekannt. Andere Firmen wiederum wie Jacobi oder Columbus kamen nach dem Zweiten Weltkrieg aus größeren Städten nach Weinstadt.

Exponate aus privaten Sammlungen Die Ausstellung im Württemberghaus in Beutelsbach zeigt die vielfältige Weinstädter Industriegeschichte anhand von originalen Exponaten wie Produkten, Dokumenten, Fotos, Reklame und Werbeartikeln. Die Objekte stammen aus privaten Sammlungen der Familien Jakob, Graze, Kopetzky, Ritter und Thudium sowie aus den Beständen des städtischen Archivs. Präsentiert werden, so erläutert der Museumsleiter Bernd Breyvogel, ausschließlich Firmen mit einem Gründungsdatum vor dem Jahr 1950.

Vernissage mit Musik Der Museumsleiter spricht am Sonntag auch zur Eröffnung der Ausstellung zur kommunalen Industriegeschichte . Für die musikalische Umrahmung sorgt die Musikschule Unteres Remstal. Die Ausstellung ist dann bis Sonntag, 2. Juli, im Württemberghaus in der Stiftstraße 11 zu sehen. Geöffnet ist jeweils samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 13 bis 17 Uhr sowie auf Anfrage geöffnet. Der Eintritt ist frei. Zur Vernissage erscheint ein Flyer mit Begleitprogramm.

Das Endersbacher Nudelimperium „Zum bedeutendsten heimischen Betrieb entwickelte sich die ehemalige Remsmühle der Firma Birkel & Söhne“, so steht es im Endersbacher Ortsbuch, das 1978 zur Endersbacher 700-Jahr-Feier erschienen ist. Begonnen hat die Remstäler Birkelhistorie 1874 in Schorndorf. Dort hat der Firmengründer Balthasar Stephan Birkel zunächst eine kleine „Produkten- und Mehrhandlung“ aufgemacht. Wenige Jahre später spezialisierte er sich auf die Nudelherstellung. In Schorndorf ist 1896 auch der Grundstein für die erste Birkelsche Nudelfabrik gelegt worden. Nach dem Kauf der Remsmühle in Endersbach verlegte die Firma 1909 ihre Produktion ins heutige Weinstadt.

„Zur Zeit sind in Endersbach 760 Mitarbeiter bemüht, Nudeln von gleich bleibender Qualität herzustellen“, schreibt Heinz Erich Walter im Ortsbuch vor 45 Jahren zur inzwischen größten deutsche Nudelfabrik. Und: „Birkel hat einen Bekanntheitsgrad von 100 Prozent bei den deutschen Hausfrauen.“ Die Firma hatte inzwischen den Plüderhausener Konkurrenten Schüle und zwei weitere Fabriken übernommen. Das Ende der Endersbacher Nudelära kam in den 1990ern dann recht abrupt. Der Flüssigei-Skandal Mitte der 1980er hatte einiges an Reputation gekostet, Klaus Birkel aber auch rund 13 Millionen Mark (6,5 Millionen Euro) Entschädigung eingebrachte. Es folgte der Verkauf des Unternehmens 1990. Die Danone-Gruppe hat dann acht Jahre später den Birkelstandort Endersbach geschlossen.

Alles für die Biene 1836 hat sich Schreiner Eberhard Graze in Endersbach niedergelassen. Seine ganze Liebe, so heißt es im Ortsbuch von 1978, habe den Bienen gehört, „die er in geflochtenen Körbe hinter dem Haus hielt“. Sohn Christian übernahm 1872 die Werkstatt und begann, mit der Herstellung von Bienenkästen samt beweglichen Rähmchen anstelle der bisherigen Körbe. Die Chronik zur nachfolgenden Entwicklung der Endersbacher Firma: „1910 war sie der größte Spezialbetrieb des Kontinents für Bienenzuchtanlagen.“ Die Firma Graze sorgt heute noch für die Bienen. Ihr Internetbekenntnis: „Seit über 150 Jahren dem gleichen Standort verbunden, fertigen wir ausschließlich Bienenzuchtgeräte auf unserem Fabrikgelände in Weinstadt-Endersbach.“