Antragsteller sind enttäuscht: Die Stuttgarter Stadtverwaltung kommt bei der Genehmigung von Parklets nicht voran, weil Personal fehlt. Das entfacht die Diskussion um neue Stellen.

S-Mitte - Sandra Golinski ärgert sich über das Ordnungsamt. Sie und eine Kollegin haben Arbeit und Mühe investiert, um ein Konzept für ein Parklet an der Schlosserstraße zu erstellen. Doch das Büro Bodamer Faber Architekten kann das Parklet in diesem Jahr nicht umsetzen. Die Verwaltung wird einen Antrag auf Genehmigung in diesem Jahr nicht bearbeiten, da Personal fehle.

 

Das Büro wollte sich an einem von der Stadt beschlossenen Pilotprojekt für Parklets in der Innenstadt beteiligen. Es sieht vor, dass Bürger die Holzaufbauten in den Innenstadtbezirken in einem Zeitraum von März bis November aufstellen können. Parklets können von jedem genutzt werden. Wer will, kann sich auf ihnen ausruhen oder auf der Sitzgelegenheit einen Plausch mit Bekannten zu halten. Niemand muss dabei Geld ausgeben wie üblich in einem Café oder eine Kneipe.

Architekten verteilten Handzettel

Golinski und ihre Kollegin planten das Parklet und dessen Finanzierung. Sie prüften auch, wie die Nachbarschaft über die Sitzgelegenheit für jeden denken. Die beiden Mitarbeiterinnen des Architektenbüros warfen Handzettel in die Briefkästen und sprachen Anwohner an. Das von ihnen geplante Parklet sollte aus wiederverwertbaren Materialien bestehen.

Das Architektenbüro präsentierte seine Pläne im Juni bei einer Bezirksbeiratsitzung im Rathaus. Ihr Vorhaben fand fraktionsübergreifend Zustimmung. Außerdem stellte es einen Antrag an das Ordnungsamt. „Wir haben damit gerechnet, dass alles seinen Weg geht. Gott sei Dank haben wir noch keine Materialien bestellt. Die würden sonst jetzt bei uns herumliegen“, sagt Golinski. Sie sei aus allen Wolken gefallen, als die Verwaltung dem Architekturbüro schließlich geantwortet hat, meint Golinski. Die Straßenbehörde verwies in ihrer Antwort darauf, dass sie viele Parkletprojekte zu bearbeiten habe und Personal zu knapp sei, um den Antrag von 2019 zu bearbeiten.

Auch andere Antragsteller sind betroffen

Andere Antragsteller erhielten im Sommer ähnliche Schreiben. Auch die asp Architekten GmbH kann mit den Planungen für ein Parklet an der Schönbühlstraße nicht fortfahren. Das Büro könne sich vorstellen, das Parklet im Frühjahr aufzustellen, sollte im Winter eine Genehmigung erteilt werden, erklärt die Mitarbeiterin Jana Melber. Bei Bodamer Faber Architekten herrscht dagegen Frustration. „Im Prinzip können wir uns eine Umsetzung 2020 vorstellen, aber wir sind ziemlich enttäuscht von der Verwaltung. Für uns sind die Gründe für die Verzögerung nicht nachvollziehbar“, sagt die Mitarbeiterin des Büros.

Veronika Kienzle kann die Verärgerung nachvollziehen. Sie verweist auf die große Unterstützung für das Parklet an der Schlosserstraße über die Fraktionen im Bezirksbeirat hinweg. „Das Projekt war schon fertig geplant und finanziert. Ich frage mich, wo da der Aufwand sein soll“, sagt sie. Kienzle fürchtet, dass die Parklets, wie sie es ausdrückt, in der auf zwei Jahren begrenzten Dauer des Pilotprojekts „totgeprüft“ werden könnten.

Bezirkschefin kritisiert Verwaltung

Kienzle sieht die Gefahr, dass die Haltung der Straßenbehörde Initiativen einschlafen lässt. Parklets bezeichnet sie als Reallabor für die Stadtplanung, die ernst genommen werden sollten. „Die Zeiten, in denen eine Straße einfach angelegt wurde, sind vorbei. Menschen wollen mitgestalten“, sagt die Bezirkschefin.

Die Verzögerung bei der Genehmigung der Parklets befeuert die Diskussion, ob die Verwaltung neue Stellen für Sondernutzungen wie Parklets schaffen sollte. Eine Mehrheit im Gemeinderat lehnte dies bei den letzten Beratungen zum Doppelhaushalt für 2018 und 2019 ab. Die Grünen und die Fraktionsgemeinschaft aus SÖS, Linken, Piraten und Tierschutzpartei wollen das Thema allerdings in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2020 und 2021 wieder auf die Agenda setzen.

Personallage ist angespannt

Doch neues Personal zu finden sei selbst bei der Bereitstellung von Haushaltsmitteln eine Herausforderung, meint Stadtrat Christoph Ozasek. Durch den demografischen Wandel gingen vermehrt Mitarbeiter in Rente, gleichzeitig werbe die Wirtschaft Fachkräfte der Verwaltung ab, erklärt er. Die Folgen der angespannten Personallage für das auf zwei Jahre befristete Pilotprojekt in Sachen Parklets benennt er klar. „Wir haben ein Jahr verloren“, sagt der Stadtrat.