Technologisch hat China massiv aufgeholt – auch dank der Übernahmen von deutschen Hightech-Unternehmen. Nun will Berlin mehr Kontrolle bei Firmenübernahmen haben, die die nationale Sicherheit betreffen könnten.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die Bundesregierung will künftig schneller auf die Bremse treten, wenn ausländische Investoren sich in sicherheitsrelevante deutsche Unternehmen einkaufen wollen. Deshalb wird in einer Novelle der Außenwirtschaftsverordnung, die am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde, die Schwelle für politische Prüfungen beim Einstieg von außereuropäischen Investoren in sicherheitsrelevante Unternehmen gesenkt. Konnte die Bundesregierung sich bisher erst einschalten, wenn Investoren aus Drittstaaten 25 Prozent der Unternehmensanteile erwerben wollten, ist dies jetzt schon ab einem Anteil von zehn Prozent machbar.

 

„Unternehmen investieren gerne in Deutschland, und so soll es bleiben. Aber wir müssen bei sensiblen Infrastrukturen genau schauen können, wer sie kauft und welche Folgen das hat“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Auch das Melderegister wird angepasst. Außerdem nimmt die schwarz-rote Koalition auch Medienunternehmen erstmals in den Kreis der sicherheitsrelevanten Branchen auf, weil unabhängige Medien in einer offenen, freien und demokratischen Gesellschaft unabdingbar seien. Neben Verlagen nannte Altmaier Unternehmen aus der Strom- Gas-, Wasserversorgung und Telekommunikation. „Damit stärken wir unsere nationale Sicherheit“, fügte Altmaier hinzu. Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) begrüßte die Änderungen. Zwar sei die Investitionsfreiheit wichtig, aber „wir müssen uns gegen gezielte wettbewerbsverzerrende und sicherheitspolitisch bedenkliche Industriepolitik aus dem Ausland zur Wehr setzen“.

Kritik vom BDI

In der Wirtschaft stießen die Neuerungen auf Kritik. Für den Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) kritisierte Stefan Mair, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, „Verschärfungen im Jahresrhythmus“. Seit 2017 gebe es wirksame Instrumente zum Schutz der nationalen Sicherheit und kritischen Infrastrukturen. „Die Senkung der Prüfschwelle führt dazu, dass noch mehr Unternehmen der Investitionskontrolle unterworfen sind.“ Der BDI fürchtet um die Offenheit des deutschen Wirtschaftsstandards für ausländische Investoren. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ordnet die Neuerung als „problematisch“ ein. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier stellt die Sicherheitsinteressen zwar nicht in Abrede, pocht aber wegen der Internationalität des deutschen Mittelstands auch „auf offene Grenzen, den Schutz des Eigentums und die Kapitalverkehrsfreiheit“. Er sieht die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt und fürchtet, dass ein „negatives Signal an unsere ausländischen Partner gesendet wird“.

Gemischtes Echo in der Opposition

Bei der Opposition im Bundestag löst die Novelle ein gemischtes Echo aus. „Wir begrüßen das Ansinnen im Grundsatz. Es geht nicht um Abschreckung ausländischer Investoren“, betonte die grüne Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae gegenüber unserer Zeitung. „Wichtig ist aber, dass nicht nur national, sondern auch europäisch gehandelt wird.“ Auch für den FDP-Landeschef Michael Theurer greifen nationale Regeln zu kurz. „Eine EU-weite Regelung ist dringlicher denn je.“ Er fürchtet, dass schärfere Regeln für den Erwerb deutscher Unternehmen durch ausländische Investoren zu einer Abschottung führen, und verweist auf die hohen deutschen Investitionen im Ausland, die weit höher liegen als der Einsatz ausländischer Investoren am Standort Deutschland. „Es ist nicht auszuschließen, dass staatliche Regulierung Gegenreaktionen in den Zielländern deutscher Investoren auslöst“, betonte er gegenüber unserer Zeitung. Deshalb müsse die Investitionskontrolle strikt auf die sicherheitsrelevanten Bereiche beschränkt bleiben. Bisher fehlten klare Kriterien, „die aber notwendig sind, um Willkür auszuschließen“. Für die Linksfraktion bezeichnete Abgeordneter Pascal Meiser die Senkung des Schwellenwerts als überfälligen, aber nicht ausreichenden Schritt. Wenn zentrale Sicherheitsinteressen berührt seien, müsse der Staat jedwede Auslandsbeteiligung, unabhängig von der Größe der angestrebten Beteiligung, prüfen können.