Das neue Social Impact Lab in Stuttgart will eine bisher vorhandene Lücke in der Gründerkultur der Region schließen. Es hilft Startups mit sozialen Geschäftsideen. Das Programm startete 2011 in Berlin.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Bisher ist der Stuttgarter Start-up Campus an der Merz-Akademie das Zentrum für eine sehr spezifisch südwestdeutsche Gründerkultur gewesen. Etablierte Firmen treffen Gründer, die meistens technologieaffin sind – das war etwa die Philosophie des seither dort beheimateten Programms Activatr.

 

Die neuen Mieter haben eine andere Zielrichtung und bilden damit einen bisher noch fehlenden Mosaikstein im Gründer-Ökosystem der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Social Impact Lab heißt das 2011 in Berlin nach amerikanischem Vorbild gegründete Programm, das Start-ups fördert, die sich mehr als nur das Geldverdienen auf die Fahnen geschrieben haben.

Tom Krug, der Leiter des Lab, ist für das Projekt aus der Schweiz in seine Heimatstadt Stuttgart zurückgekehrt. Er hat die lokale Start-up-Szene schon länger beobachtet. Sein Lab soll eine Lücke schließen: „Es gab hier in Stuttgart das Problem, dass viele gute Leute nach Hamburg, München und Berlin abwanderten, weil eben nicht jeder technikaffin ist“, sagt er.

Ende April fällt der Startschuss

Nach einer Präsentationsrunde vor einer Jury Ende April werden von Mai an voraussichtlich fünf Start-up-Teams für acht Monate auf den Campus ziehen, um Ideen geschäftsreif zu machen, welche die Welt zumindest ein kleines bisschen besser machen sollen. Finanziert wird das Ganze durch Stifter und Sponsoren beziehungsweise über öffentliche Gelder.

Reiner Idealismus ist hier aber nicht gefragt. „Für uns ist es wichtig, dass eine Idee tragfähig ist“, sagt Carolin Eißler, die das Social Impact Lab in Stuttgart koordiniert. Geldverdienen, ja selbst eine für Risikokapitalgeber attraktive, saftige Rendite zu erzielen sei natürlich keinesfalls tabu, aber nicht die Regel, sagt Eißler: „Viele Konzepte werden als Verein weitergeführt oder als gemeinnützige GmbH“, sagt sie über die Bilanz des Programms, das seit 2011 an inzwischen mehreren deutschen Standorten schon 300 Start-ups durchgeschleust hat. Die Bereitschaft, seine Ideen offen mit anderen zu teilen, sei dafür eine Grundvoraussetzung.

Das Social Impact Lab hat in Deutschland 170 Startups gefördert

Immerhin 170 Start-ups haben anschließend ein Unternehmen gegründet und davon sind auch immer noch 150 aktiv – was in diesem Bereich eine sehr gute Erfolgsquote ist. Mit dem Konzept zieht man vor allem jüngere Gründer und für den Start-up-Bereich überdurchschnittlich viele Frauen an.

Erfolgreiche Projekte waren beispielsweise das 2014 gegründete Berliner Start-up Original Unverpackt, das sich selbstbewusst als Pionier bezeichnet, der das Prinzip des verpackungslosen Supermarkts etabliert habe und inzwischen Kurse für Nachahmer anbietet. Das ebenfalls in Berlin gegründete Start-up Soulbottles bietet Glasflaschen an, mit denen etwa Firmen Trinkwasser statt Mineralwasser in ihren Kantinen anbieten können und ist auf ein Dutzend Mitarbeiter angewachsen.

Elf Bewerber für das Stuttgarter Programm

Unter den elf Bewerbern für das im Mai in Stuttgart startende Programm beschäftigen sich drei mit dem Thema verantwortlicher Umgang mit Lebensmitteln und dem Kampf gegen Verschwendung, zwei haben die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung im Blick, drei suchen nach neuen Konzepten zur Finanzierung sozialer und nicht gewinnorientierter Projekte und der Rest fällt in die Bereiche Bürgerengagement und Kultur.

Es geht hier zumeist weniger um die Technologie, sondern mehr um die clevere Idee. Dennoch hofft Standortleiter Krug, dass sich auch Technologie-Start-ups aus der Region für die Herangehensweise des Social Impact Lab erwärmen können. IT-orientierte Gründungen machten inzwischen ein Drittel der Bewerbungen aus, sagt Krug: „Stuttgart ist ein alteingesessener Industriestandort und wird auch bleiben“, sagt Krug. „Die Digitalisierung unserer Arbeitswelt und die damit leider auch verbundenen negativen Folgen und das Verhältnis Mensch zur Mobilität, insbesondere der Auto-Mobilität, sind gerade für dem Raum Stuttgart von hoher Relevanz“. Unternehmen aus der Region könnten sich als Mentoren mit ihrem Fachwissen einbringen.

Stiftungen sind die Finanziers

Als Finanziers will man sich hingegen weiterhin eher auf Stiftungen stützen: „Die räumen uns den nötigen Freiheitsgrad ein, “ sagt Krug. Die Region scheint reif für diese Facette der Start-up-Kultur. Im Stuttgarter Wizemann-Areal hat sich vor bereits im vergangenen Jahr ein Projekt etabliert, das soziale Start-ups fördert. Für sie gibt es hier eine Begegnungs- und Informationsplattform, kombiniert mit einem so genannten Coworking-Space. Startups werden hier ebenfalls mit Stipendien und Coachingprogrammen gefördert.

Der erste Pitch-Wettbewerb findet am 27.4. um 17 Uhr in den Räumlichkeiten auf dem Gelände der Merz-Akademie in der Teckstr. 62 in Stuttgart statt. Publikum ist willkommen. Der Eintritt ist gratis.