Die Stadt Ludwigsburg kommt den Immobilienunternehmen beim Verkauf von Grundstücken in Neubaugebieten entgegen, erwartet aber eine Gegenleistung: Diese müssen künftig auch günstige Mietwohnungen bauen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Das Baugebiet Muldenäcker ist klein, drei Geschosswohnungsbauten sind geplant, verglichen mit anderen Neubaugebieten ist das fast nichts. Und dennoch bekommt das Areal im Ludwigsburger Westen jetzt eine ganz besondere Bedeutung. Denn hier wird sich zeigen, ob der vor einem Monat geschlossene Burgfrieden zwischen dem Rathaus und den privaten Bauträgern hält. Ob auf Basis der Vereinbarungen tatsächlich eine Wende auf dem Wohnungsmarkt eingeleitet werden kann, die dazu führt, dass mehr günstige Mietwohnungen entstehen. „Das ist die Bewährungsprobe“, sagt der Oberbürgermeister Werner Spec.

 

Am Mittwoch hat der städtische Wirtschaftsausschuss einstimmig das Vermarktungskonzept für die Muldenäcker beschlossen. Das hat es in sich, weil darin der vor einem Jahr getroffene Grundsatzbeschluss zur Wohnbaulandoffensive in wesentlichen Punkten modifiziert wird. Damals hatte der Gemeinderat beschlossen, dass Neubaugebiete ab einer gewissen Größe nur entwickelt werden dürfen, wenn zuvor alle Grundstücke in den Besitz der Stadt gelangt sind – damit diese Einfluss auf die spätere Bebauung gewinnt. Festgelegt wurde zudem, dass die Stadt immer 30 Prozent der Flächen an die städtische Wohnungsbaugesellschaft (WBL) weiterveräußert, damit diese preisgünstigen Wohnraum schafft. Der Rest sollte am freien Markt angeboten werden.

20 Prozent der Flächen werden künftig für Sozialwohnungen reserviert

Daran hat sich prinzipiell nichts geändert, aber für die Muldenäcker wurde erstmals festgelegt, dass darüber hinaus Flächen für Sozialwohnungen reserviert werden müssen. Das heißt: private Bauträger können zwar weiterhin rentable Eigentumswohnungen errichten, sind dann aber verpflichtet, auf 20 Prozent der Flächen Mietwohnungen nach dem Landeswohnraumförderprogramm zu schaffen.

In den vergangenen Jahren hatten sich Privatunternehmen nahezu ganz aus diesem Segment zurückgezogen, auch weil die Förderbedingungen des Landes wenig attraktiv waren. So gehören von den rund 770 Sozialwohnungen in Ludwigsburg 700 der städtischen WBL, die darüber hinaus 75 preisgünstigere Wohnungen nach dem Fair-Wohnen-Modell anbietet. Doch vor vier Wochen signalisierten die Ludwigsburger Bauträger, dass sie wieder Interesse an Sozialwohnungsbau haben. „Und jetzt wollen wir es wissen“, sagt Spec.

Als Rechtfertigung für die 20-Prozent-Auflage dient der Stadt der angespannte Wohnungsmarkt. Längst seien Sozialwohnungen auch für Menschen aus der gesellschaftlichen Mitte wichtig. Für Familien mit mehreren Kindern und einem Einzelverdiener. Für Erzieher, Krankenschwestern, Angestellte im mittleren Dienst. Angesichts dieser Entwicklung seien Vorgaben für sozialen Wohnungsbau unumgänglich“, sagt Andreas Veit, der Chef der WBL. „Die wird es bald überall geben, wo der Markt derart schwierig ist.“ 1000 neue Sozialwohnungen sollen in den kommenden zehn Jahren in Ludwigsburg entstehen. Weshalb bei der Entwicklung der wesentlich größeren Baugebiete – in Grünbühl und Sonnenberg, an der Marbacher Straße oder auf dem Areal der Jägerhofkaserne – die gleichen Vorgaben zur Anwendung kommen sollen wie bei den Muldenäckern.

Die Bauträger drohen mit juristischen Mitteln

Immerhin verbindet die Stadt dies mit einem Entgegenkommen an die Privaten. Grundstücke in Neubaugebieten werden künftig nicht mehr zum Höchstpreis, sondern zum Festpreis verkauft, damit die Unternehmen nicht mehr in einen Bieterwettbewerb gezwungen werden. Statt anhand des Preises wird die Verwaltung anhand von städtebaulichen und architektonischen Kriterien entscheiden, wer beim Verkauf den Zuschlag erhält.

Die Ludwigsburger Bauträger haben sich offenbar damit abgefunden, dass sie nicht mehr frei agieren können. „Wenn wir zum Bau von Sozialwohnungen verpflichtet werden, machen wir das“, sagt Karl Strenger, der Chef des gleichnamigen Immobilienunternehmens. Insgesamt könne man mit der Vorgehensweise der Stadt leben. Weiterhin nicht einverstanden sind die Unternehmer indes mit der ihrer Ansicht nach massiven Ausdehnung der WBL, weil diese den freien Markt bedrohe. Im September soll es dazu einen Runden Tisch mit dem Oberbürgermeister geben. „Danach werden wir entscheiden, ob wir in dieser Angelegenheit einen juristischen Weg einschlagen müssen“, so Strenger.