Das baden-württembergische Sozialressort konkretisiert die von Schwarz-Gelb erlassene Verordnung: Den Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen müssen Einzelzimmer zur Verfügung gestellt werden. Das ist im Südwesten künftig Standard, in begründeten Fällen sind Ausnahmen möglich. Trotz des Abbaus von Doppelzimmern wird kein Engpass an Pflegeheimplätzen befürchtet.

Stuttgart - Seit 1. September 2009 gilt die Landesheimbauverordnung; sie wurde von der damaligen CDU/FDP-Regierung auf den Weg gebracht. Ihr wesentlicher Inhalt: „Soweit Heime keine Wohnungen zur individuellen Nutzung bereitstellen, muss für alle Bewohner ein Einzelzimmer zur Verfügung stehen.“ So wird es in Paragraf 3 vorgeschrieben. Um aus den bis dahin üblichen Zwei-Bett-Zimmern die geforderten Einzelzimmer zu machen, sollten die Betreiber in der Regel zehn Jahre Übergangsfrist bekommen.

 

Diese Verordnung hat vier Seiten. Sie hat offenbar so viele Widerstände geweckt und Wunden gerissen, dass die grün-rote Nachfolgeregierung jetzt ergänzend zu der Verordnung „ermessenslenkende Richtlinien“ verabschiedet hat. Dort wird auf 40 Seiten die Anwendung der Landesheimbauverordnung konkretisiert, „insbesondere zu möglichen Ausnahmen und Befreiungen von der Einzelzimmervorgabe“.

Bei dieser soll es aber bleiben, bekräftigt die SPD-Sozialministerin Katrin Altpeter. „Einzelzimmer gewähren auch in Heimen eine geschützte Privat- und Intimsphäre“, so die Ministerin. „Das Bedürfnis danach wird angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen in Zukunft noch weiter zunehmen.“ Rund zwei Jahre hat eine Arbeitsgruppe an den Richtlinien getüftelt; darin waren auch Leistungserbringer, Pflegekassen, die Kommunen und der Kommunalverband für Jugend und Soziales vertreten. Aus diesem Kreis seien viele Anregungen aufgenommen worden, berichtet Altpeter. Und man habe jetzt einen Interessenausgleich zwischen Heimträgern und Aufsichtsbehörden hinbekommen, weil insbesondere Übergangs-, Befreiungs- und Ausnahmeregeln transparent und für alle nachvollziehbar gefasst worden seien.

Freilich werde niemand gezwungen, in einem Heim alleine zu leben. Die Verordnung lasse Wohneinheiten für zwei Menschen ausdrücklich zu. Es werde aber verhindert, dass Betroffene gegen ihren Willen mit jemand Fremdem in einem Raum zusammen wohnen müssen. „Wenn etwa zwei Menschen zusammenleben wollen, können zwei nebeneinander liegende Zimmer zusammengeschlossen und gemeinsam genutzt werden“, so Altpeter.

Kein Engpass bei Pflegeheimplätzen erwartet

Der Abbau von Doppelzimmern führe nicht zu einem Engpass bei Pflegeheimplätzen. Trotz einer schrittweisen Umsetzung des Einzelzimmergebots sei die Zahl der Heimplätze kontinuierlich gestiegen. Von 2011 bis 2013 seien auch 200 zusätzliche Pflegeheime entstanden. 2013 hätten knapp 91 000 Menschen in einer stationären Einrichtung gelebt; dem seien 100 000 verfügbare Plätze gegenübergestanden.

Altpeter erwartet keine unmäßig erhöhten Kosten für Heimbewohner, da die strengeren Raumstandards den Betreibern keine wesentlich höhere Gesamtinvestitionen abverlangten. Ein ausschließlich mit Einzelzimmern ausgestattetes Heim koste lediglich um zehn bis 15 Prozent mehr als ein Heim ausschließlich mit Doppelzimmern. Bei einem Anteil der Einzelzimmerplätze von 80 Prozent liege das Einsparpotenzial gegenüber einem Einzelzimmeranteil von hundert Prozent deutlich unter fünf Prozent. Diese Mehrkosten könnten in der Regel durch eine bessere Auslastung ausgeglichen werden.