Zwei Essensangebote in der Martinskirche bringen Menschen an einen Tisch.

S-Nord - Es ist kein Geheimnis, dass Essen in netter Gesellschaft Leib und Seele zusammenhält. In der evangelischen Nord-Gemeinde weiß man das schon länger: Seit 2003 gibt es in der Martinskirche zweimal wöchentlich eine Verschnaufpause vom Alltag mit „Suppe satt“ und anregenden Gesprächen. Gerne genutzt von jungen Müttern, Senioren, Friedhofsbesuchern und den Angestellten der umliegenden Firmen. Seit einem Jahr ergänzt überdies der monatlich stattfindende ökumenische „Freitagsbrunch“ in Kooperation mit der katholischen Gemeinde St. Georg das Angebot. Und der Zuspruch wächst.

 

So ein Küchenfenster hat nicht jeder: Der Heilige Martin leuchtet in Buntglas gefasst aus der funktionalen Fliesenwand. Und über dem Türsturz grüßt Martin Luther. Der katholische Heilige und der evangelische Reformator sitzen bei den Essensangeboten im Café der Martinskirche entspannt an einem Tisch. Kein Wunder, das erklärte Ziel des Teams von Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen ist es, möglichst viele unterschiedliche Menschen an einem Tisch zusammenzubringen – unabhängig vom Glauben oder vom sozialen Hintergrund.

Treffpunkt für Freunde und Abwechslung vom Alltag

Dass das mit großem Erfolg gelingt, zeigt schon die Begeisterung der Gäste, die nach und nach an diesem Freitagvormittag im „Martinscafé” eintrudeln. „Hier ist so eine angenehme Atmosphäre, man ist gar nicht fremd, auch wenn man noch niemanden kennt“, sagt eine ältere Dame. Manche treffen sich hier regelmäßig mit Freunden, für andere ist es eine willkommene Abwechslung vom grauen Alltag. Christine Göttler-Kienzle, Gemeindereferentin in St. Georg sagt: „Wir sind da, wenn es mal seelsorgerischen Gesprächsbedarf gibt. Falls man lieber für sich sein will, ist das aber auch mehr als in Ordnung.“

Göttler-Kienzle organisiert und begleitet den Brunch gemeinsam mit Diakon Martin Pomplun von der evangelischen Gemeinde Stuttgart-Nord. Der erzählt von der interessanten gesellschaftlichen Durchmischung in Stuttgart-Nord: „Zu uns ins Martinscafé kommen Mütter mit Kindern, die Senioren aus der Nachbarschaft und die Leute vom Arbeitsamt und den umliegenden Versicherungen. Aber eben auch die Trottwar-Verkäuferin.“ Beide Angebote, Freitagsbrunch wie Mittagstisch, sind dabei explizit keine Armenspeisung, sondern stehen allen offen.

Während der ökumenische Brunch im September 2017 erstmals stattfand, wurde der Mittagstisch der Nord-Gemeinde bereits im Jahr 2003 von Diakon Karl Stroh begründet: „Einerseits wollte man hier ein Gemeindecafé, andererseits habe ich auch gemerkt, dass es in der Umgebung wenig geeignete Essensangebote für mich gab“, hat er einmal erzählt. Im Bekanntenkreis gab es zudem einige verwitwete Männer, für die die „Nordsuppe“, wie man das Angebot bald nannte, zu einem Fixpunkt im Wochenablauf wurde. Kein Wunder, denn Suppe sättigt nicht nur, sie wärmt auch von innen.

Auch beim ökumenischen Brunch geht es ausgesprochen familiär zu: Zum Auftakt gibt es einen Impuls, zum Abschluss holt Christine Göttler-Kienzle an diesem Freitag die Gitarre hervor und stimmt, passend zur Jahreszeit „Bunt sind schon die Wälder“ an, gefolgt vom „Spannenlangen Hansel“. „Wer zu uns kommt, lernt traditionelles Liedgut“, scherzt sie.

Das nächste Treffen findet am 13. Oktober statt – an einem Samstag, damit auch Berufstätige daran teilnehmen können und die Neuzugezogenen im Quartier sich besser kennen lernen können. Bisher ist das als einmaliger Versuchsballon gedacht. Was aber, wenn das Konzept gut ankommt? „Dann werden wir uns was überlegen und gegebenenfalls Extratermine anbieten“, denkt Christine Göttler-Kienzle schon mal vorsichtig weiter. Sie hat längst erkannt, was den besonderen Charme der Angebote im Martinscafé ausmacht: seine Menschen: „Ich glaube schon, dass man es uns anmerkt, wie gerne wir das hier machen.“