Die Kanareninsel La Palma ist ein Wanderparadies. Der Besucher kann über den Nachbau von Christoph Kolumbus’ Schiff staunen, aber auch über das größte Weltraum-Spiegelteleskop Europas.

Santa Cruz - La Palma? Da besteht große Verwechslungsgefahr. Nein, es handelt sich nicht um Palma de Mallorca, die Hauptstadt der Balearen-Insel. Auch Las Palmas ist nicht gemeint, die 380 000-Einwohner-Stadt liegt auf Gran Canaria. Aber immerhin, die Himmelsrichtung stimmt schon mal. La Palma ist ebenfalls eine Kanarische Insel - aber sie ist weiter westlich gelegen im Atlantik. Ein Eiland, das sich noch echter touristischer Geheimtipp nennen darf. Entfernt erinnert es an Korsika - mit seiner Form, mit seinen hohen Bergen, mit seinen endlosen Wanderwegen, mit seiner fantastischen botanischen Vielfalt, mit seinen sonnenverwöhnten, allerdings schwarzsandigen Stränden.

 

In der Werbesprache sind sich beide Inseln jedenfalls ganz nah: Ile de beauté (Insel der Schönheit) heißt die eine, La Isla bonita (schöne Insel) die andere. Wer von französischen Gestaden genug hat, dem winkt La Palma als willkommene Abwechslung. Das Klima kennt, anders als auf Korsika, keine großen Ausschläge, die Natur ist einladend, die Menschen sind offen. Was viele Deutsche schon vor knapp 30 Jahren angelockt hat: La Palma wurde nach dem Atomunfall von Tschernobyl im Jahr 1986 zum Zufluchtsort. Weit genug weg von radioaktiven Wolken, aber mit europäischer Anmutung - und so manche Neuankömmlinge haben dort ihr Glück versucht: mit Yoga-Kursen, Ayurveda-Massagen, als Vermieter von Ferienhäusern, Verkäufer von Holzofenbrot oder Fremdenführer. 2000 bis 3000 Deutsche mögen es sein, die sich dauerhaft auf der Insel mit ihren rund 85 000 Einwohnern niedergelassen haben.

La Palma ist freilich nichts für den, der Remmidemmi oder Shopping-Zentren braucht. „Den großen Event-Tourismus gibt es hier nicht“, sagt Fremdenführer Manuel Negro (47). Dafür jede Menge Natur auf gut überschaubaren Distanzen. Gerade mal 47 Kilometer lang und 28 Kilometer breit ist La Palma - und unglaublich hoch. Der Roque de los Muchachos ragt 2426 Meter in den Himmel und steht am Rande des Herzens von La Palma, der Caldera de Taburiente, eines Kraters mit einem Durchmesser von acht Kilometern. Nebel schwappt über die Ränder - ein grandioses Naturschauspiel. High Tech vom Feinsten hat sich hier angesiedelt: Mit Hilfe eines guten Dutzend Observatorien spähen Forscher tief ins All - in absolut klarer Atmosphäre, weit weg von störenden Lichtquellen. Seit 2007 ist auf dem Roque das größte Weltraum-Spiegelteleskop Europas in Betrieb, das Gran Telescopio Canarias (GTC).

10,4 Meter misst der Spiegel im Durchmesser

„Ein schönes Spielzeug“, sagt lächelnd ein Mitarbeiter zum Prunkstück der Astrophysiker. 10,4 Meter misst der Spiegel im Durchmesser, der unter einer mächtigen Kuppel von einer komplizierten Stahlkonstruktion in Position gebracht wird. Vom Eldorado der Sternenkundler führt die Straße durch Kiefernwälder steil hinunter zu unberührter Natur. Bald ist Los Tilos erreicht, jener lauschige Ort, der 1985 von der Unesco als Biosphärenreservat ausgezeichnet wurde. Ein gut präparierter Weg führt an einem Wasserlauf entlang - man fühlt sich wie in Bayern in einer Klamm, mit dem Unterschied, dass der Wald in Los Tilos aus prächtigen Lorbeerbäumen besteht.

Kurvenreich windet sich die Straße nach Süden Richtung Santa Cruz - der charmanten Inselhauptstadt, die eine Reihe von Hinguckern bietet. Da sind die Herrenhäuser aus glorreicher Vergangenheit mit liebevoll bemalten Holzbalkonen, die verträumten kleinen Winkel mit Brunnen und Restaurants, da ist der Nachbau der „Santa Maria“, die Christoph Kolumbus nach Amerika brachte. Im Innern sind vergilbte Karten und allerlei Geräte aus der Seefahrt zu bestaunen. Es gibt auf La Palma ja so vieles, was Beachtung verdient. Dazu gehören die in kubanischer Tradition stehende Zigarrenherstellung, die Korbflechterei und das Töpferhandwerk. Aber das meiste Geld wird - neben dem Tourismus - mit Bananen verdient. Der an der Westseite gelegene Aussichtspunkt El Time bietet einen atemberaubenden Blick über den Südwesten der Insel, wo sich eine Bananenkultur an die andere reiht.

Fast jede freie Fläche wird für die Zucht genutzt. Es sind kleine Früchte, die hier reifen, und sie sind auch nicht allzu lange haltbar, aber geschmacklich jeder anderen Sorte überlegen. Für Umweltschützer ist der intensive Anbau allerdings ein Frevel: Die Erzeugung von einem Kilogramm Bananen braucht 1000 Liter Wasser, und die Monokultur laugt die Böden aus, was den Einsatz von Kunstdünger erfordert. Zudem ist die Arbeit in den Plantagen wegen des Einsatzes von Pestiziden gesundheitsgefährdend. Mit gutem Gewissen kann man dagegen die in viel Salz gekochte palmerische Kartoffel verspeisen. Eine echt leckere Sache. Das eigentliche Symbol La Palmas ist jedoch der Drachenbaum.

Das Blut der Brüder fließt im Stamm

Derjenige, der ihn als eher bescheidene Zimmerpflanze kennt, staunt, zu welcher Größe er es in freier Natur bringen kann: Das Agavengewächs kann bis zu 30 Meter hoch werden. Von besonderer Pracht sind die Zwillingsdrachenbäume, die am Wegesrand nach San Isidro (ein paar Kilometer südlich von Santa Cruz) zu finden sind. Sie sollen mehrere Hundert Jahre alt sein. Um diese Drachenbäume rankt sich eine tragische Geschichte: Zwei Brüder sollen sich dort aus Eifersucht gegenseitig umgebracht haben. Grund soll eine Frau gewesen sein, in die beide verliebt waren. Zu Ehren der beiden soll die Frau danach die beiden Bäume gepflanzt haben. Dem Mythos zufolge fließt noch heute das Blut der Brüder im Stamm.

Aber was wäre La Palma ohne seine Kiefern? Die Nadelholzwälder prägen die Landschaft eines großen Teils der Landschaft. Der Baum hat seine Verbreitung der Feuerresistenz zu verdanken - auf La Palma kommt es immer wieder zu Waldbränden - und auch einem Trick bei der Wasserversorgung: Im Nebel sammelt sich an den langen Nadeln das Wasser und tropft auf den Boden - eine Art Selbstberegnung findet statt. Die spektakulärsten Eindrücke hält aber der Süden der Insel bereit: Wer im Gebiet der beiden Vulkane San Antonio und Teneguia wandert, kommt sich vor wie in einer Mondlandschaft. Kilometerlang führt der Pfad über Lavasand und schwarzes Geröll, links und rechts türmen sich riesige schwarze Felsbrocken. Einzelne hartnäckige Sträucher - Buschampfer, Wacholder, Natternkopf - sorgen für grüne Tupfer. Der letzte große Vulkanausbruch war 1971, als der Teneguia Feuer und Asche spuckte.

Menschen gerieten damals nicht in Gefahr. Doch noch heute steht der Vulkan unter Beobachtung, da er nicht erloschen ist, sondern nur ruht. Eine eigenartige Stille herrscht in dieser baumlosen, unwirtlichen Szenerie in vielleicht 200 Meter Höhe, der Strand ist noch zu weit weg, um den Wellenschlag zu hören. Unten ist der Leuchtturm von Fuencaliente schon gut zu sehen, daneben ein Fischrestaurant. Es ist ein ideales Ziel nach einer aufregenden Etappe. Wer will, kann ganz in der Nähe zur Erfrischung ins Wasser springen. Mildes Licht durchflutet den nüchtern eingerichteten Gastraum. Familien sitzen an den Tischen, junge Paare und auch Einzelreisende. Es gibt Wein und Fisch - erstklassig.

Im Kiosk wird das Salz verkauft, das aus der mit Dutzenden Becken ausgestatteten Saline von nebenan stammt. In Rot, Grün und Weiß. Es sind die kleinen, aber besonderen Extras, mit den La Palma seine Gäste bezirzt. Die Insel will nicht blenden, sie ist ehrlich. Und vor allem ruhig. Tourismusminister Francisco Raul Camacho setzt auf Besucher, die genießen wollen. „Discotheken? Nein danke, das ist nicht unser Konzept. La Palma ist ein Naturreservat.“

Infos zu La Palma

Anreise
Der Flug von Frankfurt nach La Palma dauert rund viereinhalb Stunden. Die großen Reiseveranstalter bieten Pauschalarrangements zwischen 500 und 1500 Euro an. Der einfache Hin- und Rückflug kostet etwas mehr als 500 Euro. Viel Erfahrung mit Reisen auf die Kanaren hat das Touristikunternehmen FTI, Tel. 089 / 7 10 45 14 98, www.fti.de

Unterkunft
Wer große Hotels nicht scheut, ist im Teneguia Princess an der Südspitze mit großem Sport- und Wellnessangebot sowie zahlreichen Pools gut aufgehoben. Der Sandstrand ist etwa einen Kilometer entfernt. Eine Woche Halbpension ist inklusive Flug für 661,50 Euro erhältlich, www.princess-hotels.com

Ein Traum ist das Hotel Hacienda de Abajo im westlichen Tazacorte, in dem ein Museum - antike Möbel und Ölgemälde - integriert ist. Sechs Nächte kosten rund 1200 Euro pro Person (nur Erwachsene), www.hotelhaciendadeabajo.com/de

Wanderung im Grünen
Etwa vier Kilometer westlich von San Andres im Nordosten lädt ein besonders lauschiger Ort zum Wandern ein: das Biosphärenreservat von Los Tilos mit einem der größten Lorbeerwälder weltweit. Auch die Riesenfarne begeistern Natur- und Pflanzenliebhaber. Ein kleiner Picknickplatz ist für eine Rast ideal.

Allgemeine Informationen
La Palma Tourismus, www.deutsch.lapalmacit.com