Eine Frau aus Waiblingen vertraut den Verkauf ihrer Wohnung der Sparkasse an. Den Vertrag liest sie anscheinend nicht so genau. Das könnte sie teuer zu stehen kommen - wenn das Kleingedruckte überhaupt zulässig ist.

Karlsruhe - Wer sich nicht zutraut, sein Haus oder seine Wohnung allein zu verkaufen, schaltet einen Makler ein. Aber dabei können Fallstricke lauern. Was darf im Vertrag stehen, was nicht? Eine fragwürdige Klausel nimmt seit Donnerstag der Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) unter die Lupe. (Az. I ZR 40/19)

 

Was ist passiert?

Eine Frau will 2016 im Raum Stuttgart ihre Eigentumswohnung verkaufen. Als Makler beauftragt sie Ende Oktober die Kreissparkasse Waiblingen. Aber die Monate vergehen, und es findet sich kein Käufer. Bis sich ein anderer Makler mit einer Interessentin meldet. Wenige Wochen nach der Besichtigung Anfang Juni 2017 steht der Kaufvertrag. Die Wohnung wechselt für 283 000 Euro den Besitzer. Für die Verkäuferin fängt der Ärger damit allerdings erst an.

Warum gibt es Probleme?

Der Vertrag mit der Sparkasse ist ein sogenannter Alleinauftrag - das heißt, die Eigentümerin hat sich verpflichtet, keinen anderen Makler einzuschalten. Der Auftrag ist laut Vertrag zwar „zunächst auf 6 Monate befristet“. Er verlängert sich aber automatisch „jeweils um weitere 3 Monate, falls er nicht gekündigt wird“, mit einer Frist von vier Wochen. Die Frau hat nicht gekündigt. Nun will die Sparkasse Schadenersatz für die entgangenen Provisionen: insgesamt 15 565 Euro.

Kommen solche Maklerverträge häufiger vor?

Die meisten Makler lassen sich vom Verkäufer einen Alleinauftrag geben, sagt Christian Osthus vom Immobilienverband Deutschland (IVD). Sie steckten einige Arbeit in die Bewertung und Aufbereitung des Objekts. Daher hätten sie ein Interesse, die Vermarktung auch abzuschließen. Denn Makler bekommen ihr Geld bei Erfolg. Bei einem verlässlichen Makler sei das an sich in Ordnung, sagt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund. „Problematisch wird es nur dann, wenn der Makler nicht ordentlich arbeitet oder gar nicht tätig wird.“

Wie verhält es sich mit der Verlängerungsklausel?

Solche Klauseln stehen laut IVD grundsätzlich in allen Verkaufsaufträgen. „Da gibt es die buntesten Varianten“, sagt Osthus. Denn bisher gibt es kein höchstrichterliches Urteil. Unter Experten ist umstritten, was geht und was nicht. Verträge, die wie hier ohne Kündigung immer weiterlaufen, hält der IVD für höchst problematisch.

Wie ist der Stand in dem Streit aus Waiblingen?

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat die Klausel für unzulässig erklärt, sie benachteilige den Vertragspartner unangemessen. Im ungünstigsten Fall müsse der Kunde länger als ein Vierteljahr warten, ehe er den Makler wechseln könne. Der Makler wiederum habe während der Mindestlaufzeit die Chance gehabt, sich ohne Konkurrenz seine Provision zu verdienen. Eine längere Exklusivität habe er nicht einplanen können, so das OLG. Das letzte Wort hat aber der BGH.

Wie sieht der BGH die Sache?

Die obersten Zivilrichter stehen der automatischen Verlängerung aufgeschlossener gegenüber. Der Vertrag binde ja nicht nur den Kunden, sagt der Senatsvorsitzende Thomas Koch in der Verhandlung am Donnerstag. Er verpflichte auch den Makler, weiter einen Käufer zu suchen. Die Richter haben aber bei etwas Anderem Bauchschmerzen: Die Kündigungsfrist steht in dem Vertrag aus Waiblingen in einer Anlage versteckt. „Das ist möglicherweise für den Kunden nicht hinreichend klar“, meint Koch. Das Urteil wird in den nächsten Wochen verkündet.

Welche Auswirkungen hat die BGH-Entscheidung?

Bleibt es dabei, dass den Richtern die Vertragsgestaltung zu undurchsichtig ist, bekäme die Sparkasse von der Kundin kein Geld. Die Frau hatte schon dem zweiten Makler eine Provision gezahlt, würde also doppelt abkassiert. Der Immobilienverband hofft, dass der BGH darüber hinaus grundsätzlich klärt, welche Klauseln zulässig sind und welche nicht. Das würde Rechtssicherheit schaffen, sagt Osthus. „Je weniger Grauzonen wir haben, desto besser ist es.“