Ein Kommentar von Thomas K. Slotwinski zum Sparkassen-Projekt.

Leonberg - Es ist gute Tradition, dass die Stadträte nach langen und oft komplexen Beratungen auf ein Glas zusammenkommen. Doch an diesem Dienstag blieben bei der sogenannten Nachsitzung des Leonberger Gemeinderates einige Stühle leer. Waren doch die vorangegangenen Diskussionen nicht nur thematisch, sondern auch menschlich schwierig. Schließlich stand, quasi über Nacht, ein Ratsmitglied im Fokus der Betrachtungen.

 

Denn wenn Johannes Frey als Anwohner der Unteren Burghalde wirklich befangen ist, so hätte er im Planungsausschuss beim Tagesordnungspunkt „Neuordnung des Kreissparkassen-Areals“ nicht mitstimmen dürfen. Er hat es aber getan, und der Oberbürgermeister hat deshalb dem Votum des Gremiums widersprochen. Allein dieses Handeln hätte wahrscheinlich zu Unstimmigkeiten zwischen Martin Cohn und den Freien Wählern, vermutlich auch den Grünen geführt, wurde doch so ihr Beschluss gekippt.

Da aber der OB laut Gemeindeordnung sich seinen Widerspruch vom Gemeinderat bestätigen lassen musste, geriet das Thema, zusätzlich befeuert durch den plötzlichen Rückzieher der Kreissparkasse von ihrem gesamten Projekt, auf die große Bühne des Gemeinderates.

Anspannung und Solidarität

Die innere Anspannung zwischen dem Befolgen von Rechtsvorschriften einerseits und der menschlichen Solidarität mit einem freundlichen Kollegen andererseits, war nicht nur bei den Vertretern der Freien Wählern förmlich greifbar. Auch andere Ratsmitglieder hatten Probleme damit, nicht zur Sache zu diskutieren, sondern über die Frage, ob das Grundstück eines Ratsmitgliedes von einem Bebauungsplan tangiert wird.

Dass sich am Ende eine doch recht deutliche Mehrheit der Rechtsauffassung des Oberbürgermeisters angeschlossen hat, dürfte in allererster Linie dem Ziel geschuldet sein, das Sparkassen-Vorhaben doch noch zu ermöglichen. Denn jetzt wird es eine neue Abstimmung über die Pläne für vier Wohnhäuser und ein Direktionsgebäude geben, die tatsächlich in der Nähe der Unteren Burghalde liegen und der Straße nach jetzigem Planungsstand mehr Schatten bringen, so wie es die Freien Wähler auch befürchten.

Es braucht mehr Bewegung

Um aber dies allein angesichts des Wohnungsmangels absolut sinnvolle Vorhaben nicht ein weiteres Mal und damit wohl endgültig in den Sand zu setzen, ist es wichtig, dass sich alle Seiten aufeinander zubewegen. Der Sparkassen-Vorstand tut gut daran, wenn er auf die Argumente der Kritiker eingeht und diese für die weiteren Pläne doch noch berücksichtigt.

Der Gemeinderat muss sich darüber bewusst sein, dass gerade bei dem für viele so essenziellen Thema Wohnraum Streit und Missgunst keine guten Ratgeber sind. Denn auch wenn im Vorfeld nicht alles optimal gelaufen ist: In einer Zeit, in der selbst ehrenamtliche Kommunalpolitiker in einen Rechtfertigungszwang geraten können, muss der Rat zeigen, dass er sich wenn es darauf ankommt zusammenraufen kann – um der Sache und vor allem um der Menschen willen.

Wenn denn im Trauerspiel um die Baupläne und die Befangenheit einzelner Stadträte ein Sinn gesucht werden soll, dann dieser: Gegenseitige Schuldzuweisungen führen zu nichts, sie hinterlassen zumeist nur Beschädigte. Bei den Bürgern aber verfestigt sich der fatale Eindruck, dass in der Stadt nichts funktioniert.

Es wäre erfreulich, wenn alle Kommunalpolitiker, die schon oft Aufrichtigkeit und Mut bewiesen haben, in diesem Sinne die großen Zukunftsaufgaben angehen.