Die Sparpläne von Bahnchef Rüdiger Grube lösen intern Unruhe aus. Die Gewerkschaft sieht allein bei der Güterbahn bis zu 5000 Stellen gefährdet. Zudem könnten mehr als 500 der noch 1500 Güterverkehrsstellen geschlossen werden.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der Widerstand gegen das Sparprogramm der Deutschen Bahn formiert sich. Bei Betriebsräten und Gewerkschaften, die seit Wochen mit verschiedenen Einsparplänen konfrontiert werden, herrscht inzwischen Alarmstufe rot. In einem vertraulichen Papier aus Arbeitnehmerkreisen, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt, heißt es wörtlich: das System Bahn werde „vom Konzernvorstand derzeit in Frage gestellt“. Gewarnt wird vor drastischen Folgen für die Arbeitsplätze besonders im Güterverkehr. Die Ursache dafür seien „viele Managementfehler in den letzten Jahren“.

 

Besonders die Ergebnissituation bei der Güterbahn DB Schenker Rail sei katastrophal, heißt es weiter. Die Projektgruppe „Zukunft Bahn“, die derzeit mit Beratern von McKinsey den Staatskonzern durchleuchtet, plane weitreichende Veränderungen. Demnach könnten bis zu 5000 der noch knapp 31 000 Stellen bei der größten Güterbahn in Europa wegfallen. Besonders in der Zentrale in Mainz drohten „eine enorme Reduzierung von Personal“ und die Verlagerung nach Hessen an den Frankfurter Flughafen.

Frachtvolumen auf der Schiene verringert sich drastisch

Zudem könnten mehr als 500 der noch 1500 Güterverkehrsstellen geschlossen und damit ganze Regionen und Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern komplett von der Bahn als wichtigstem Anbieter aufgegeben werden, heißt es weiter. Mit dem Rückzug aus der Fläche werde sich das Frachtvolumen, das umweltschonend über die Schiene rollt, massiv verringern und der klimaschädliche Lkw-Transport weiter zunehmen. Es drohe als Folge die Schließung ganzer Standorte und die komplette Einstellung des Einzelwagenverkehrs im Frachttransport auf der Schiene.

Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Vizechef des DB-Aufsichtsrats, Alexander Kirchner, kritisierte die Pläne in aller Schärfe als „ungeheuerlich“ und „verkehrspolitische Bankrotterklärung“. Der EVG-Chef kündigte Widerstand an und fordert von der Politik und dem Bund als Eigentümer der Bahn „ein klares Bekenntnis zum Schienengüterverkehr“. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) habe ein Wachstum beim Frachttransport auf der Schiene von bis  zu 47 Prozent in den nächsten zehn Jahren prognostiziert, da könne es nicht sein, dass DB Schenker Rail „nur sechs Monate später den Kahlschlag“ plane.

Für den drohenden Arbeitsplatzabbau sei auch die Regierung verantwortlich, wenn sie weiterhin untätig bleibe, kritisierte der Vize-Aufsichtsratschef des größten Staatskonzerns. CDU/CSU und SPD hätten im Koalitionsvertrag vereinbart, den Verkehrsträger Schiene zu stärken. Bisher hätten Entscheidungen der Koalition aber vor allem die Wettbewerbsnachteile der Schiene noch verstärkt. Als Beispiele nennt er die EEG-Zulage, die den Bahnstrom verteuert habe, und die Absenkung der Lkw-Maut, die den Güterverkehr auf der Autobahn verbilligte. Kirchner sieht in der Verkehrspolitik den Hauptgrund für die missliche Lage der Güterbahn. Die Chancen, die der Verkehrsträger Schiene umwelt- und verkehrspolitisch biete, würden „leichtfertig ignoriert, weil es keinerlei Strategie zur Umsetzung der vereinbarten Ziele“ gebe.

Bisheriger Chef von DB Schenker Rail musste gehen

DB Schenker Rail steckt tief in der Krise und hat allein im ersten Halbjahr 110 Millionen Euro operativen Verlust nach Zinsen eingefahren. Das Minus hat sich damit mehr als verdreifacht. Das Frachtvolumen sank um fast ein Zehntel auf 151 Millionen Tonnen, die Auslastung sogar um fast ein Achtel. Der bisherige Chef von DB Schenker Rail, der frühere oberste Konzernstratege Alexander Hedderich, musste deshalb Ende August gehen.

Die Bahn will die Berichte zu den Abbauplänen nicht kommentieren und spricht von „Gedankenspielen auf Arbeitsebene“. Über die Umbaukonzepte Grubes soll der Aufsichtsrat des Staatskonzerns Mitte Dezember entscheiden.