Als weiblichen Part im künftigen Spitzenduo wünschen sich viele Manuela Schwesig. Der designierte Kanzler Olaf Scholz setzt dagegen auf Kontinuität mit Saskia Esken, die sich bis Montag entscheiden will.

BERLIN - „Du und Manu“ – so hat es der Instagram-Nutzer dirkkruse2266 am Mittwoch unter einen Beitrag von Lars Klingbeil geschrieben, in dem der SPD-Generalsekretär es als Ehre bezeichnet, „dass mein Name als nächster SPD-Vorsitzender genannt wird“. Der Wunsch, dass an Klingbeils Seite künftig Manuela Schwesig, die mit einem beeindruckenden Landtagswahlergebnis bestätigte Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, die Geschicke der deutschen Sozialdemokratie lenken soll, ist weit verbreitet. „Das“, sagt auch ein Bundestagsabgeordneter, „wäre die Traumlösung.“

 

Knapp eine Woche nach der Ankündigung des bisherigen Co-Parteichefs Norbert Walter-Borjans, nach zwei Jahren im Amt beim Wahlparteitag am zweiten Dezemberwochenende nicht erneut antreten zu wollen, ist in der designierten Kanzlerpartei jede Menge in Bewegung. Um die laufenden Koalitionsgespräche mit den Grünen und der FDP nicht zu belasten, will die SPD-Spitze die Personalfrage schnell klären, weshalb Präsidium und Vorstand bereits am Montag eine Wahlempfehlung aussprechen könnten – so wurde es in einer Schaltkonferenz am Dienstag vereinbart. Bis dahin will auch Saskia Esken, die im Dezember 2019 mit Walter-Borjans gewählt worden war, eine Entscheidung über eine erneute Kandidatur treffen.

Kaum noch „Männerplätze“ frei

Der 43-jährige Klingbeil gilt nach seiner De-facto-Bewerbung vom Mittwoch, in der er bereits auf die notwendige „gute Zusammenarbeit zwischen Olaf Scholz und dem Kanzleramt, der Fraktion und der Partei“ hinwies, in SPD-Kreisen schon als „gesetzt“. Erklärt wird sein Interesse am höchsten Parteiamt auch dadurch, dass in einem Scholz-Kabinett, das er paritätisch zu besetzen versprochen hat, kaum noch „Männerplätze“ zu vergeben sind: Neben Scholz werden dessen politischer Weggefährte Wolfgang Schmidt als Kanzleramtsminister und der erfolgreiche Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil in der Partei als sichere Ministerkandidaten genannt. Zuschnitt und Zahl der Ressorts in SPD-Hand sind zwar noch Verhandlungssache, bei insgesamt sechs, sieben oder acht käme aber höchstens noch ein weiterer sozialdemokratischer Mann in Frage.

Schwesig und Esken sind bislang wortkarg

Der weibliche Part im künftigen sozialdemokratischen Spitzenduo ist dagegen noch offen. Die 47-jährige Schwesig sagte bisher lediglich, angesichts der Koalitionsverhandlungen in Berlin wie in Schwerin sollten „jetzt keine Personaldiskussionen geführt werden“. Das lässt sich angesichts der nahenden Entscheidung zwar kaum verhindern, aber auch Esken schweigt noch. Klar ist, dass sie ihr Vorsitzendenamt behalten wird, wenn sie es denn will. Ihr wird hoch angerechnet, dass sie die Partei in ihrer wohl dunkelsten Phase übernommen, stabilisiert und mit der Unterstützung des einstigen Widersachers Olaf Scholz zum Erfolg bei der jüngsten Bundestagswahl geführt hat.

Parteichefin oder Ministerin?

Alternative zum Verbleib an der Parteispitze wäre ein Ministeramt in Scholz’ Regierung. Beides zusammen – das ist für die SPD eine der Lehren aus den ersten Großkoalitionsjahren – soll es so schnell nicht mehr geben. Das ist auch der Grund, warum der Kanzler in spe nicht auch im Chefsessel des Willy-Brandt-Hauses Platz nehmen will.

Für beide Optionen Eskens gibt es gute Gründe. Vor ihrer Wahl an die Parteispitze war die 60-Jährige als Digitalpolitikerin im Bundestag zugange, während der Pandemie hat sie mit Kanzlerin Angela Merkel mehr Geld vom Bund für eine bessere Digitalausstattung von Lehrkräften und Schülerschaft aufgetrieben. Als Ministerin könnte sie mehr bewegen, und an die Parteispitze könnte ein jüngeres Duo mit langfristiger Perspektive treten. Andererseits könnte Eskens Rückzug das Signal aussenden, dass nach dem Wahlerfolg die linken Parteirebellen ihre Schuldigkeit getan haben und nun wieder die Regierungslogik die Parteiarbeit bestimmt. Das brächte Unruhe, weshalb sich der wahrscheinliche Kanzler Scholz dort vor allem „Kontinuität“ erhofft, wie es in seinem Umfeld heißt – mit dem bisherigen Generalsekretär Klingbeil und Esken an der Spitze.