SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Deshalb sollen untere und mittlere Einkommen entlastet werden. Draufzahlen sollen Gutverdiener und Erben großer Vermögen.

Berlin - SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat seinem Steuerkonzept die Überschrift „Vorfahrt für Investitionen“ gegeben. Das hat einen guten Grund. 2013 hatte sich die Partei mit ihren Forderungen nach zahlreichen Steuererhöhungen ins Abseits befördert, zumal das stramm linke Umverteilungsprogramm ganz und gar nicht zum damaligen Kandidaten Peer Steinbrück passen wollte. Steuererhöhungen, so die Wahrnehmung damals, seien für das sozialdemokratische Gemüt Selbstzweck ohne größeren Begründungszwang.

 

Diesen Fehler will Schulz unbedingt vermeiden. Deshalb stellt er seinen Forderungen voran, in was alles zu investieren sei: Schulen, Kitas, Wohnungen. Verkehrswege, schnelles Internet, Polizei – alles Baustellen, auf denen sich auch alle anderen Parteien im Wahlkampf mit oftmals ähnlicher Zielrichtung tummeln werden. Das Steuer- und Abgabenkonzept, mit dem die SPD die Finanzierung dieser Versprechen sicher stellen will, ist vor diesem Hintergrund ein Mix aus Be- und Entlastungen. Untere und mittlere Einkommen will Schulz um rund 15 Milliarden Euro jährlich steuerlich entlasten, höhere sollen entsprechend draufzahlen.

Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Für untere und mittlere Einkommen soll der Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent auf die Einkommenssteuerschuld) ab 2020 komplett entfallen. Entlastungsvolumen: 10 Milliarden Euro. Die SPD will dies erreichen, indem die Freigrenzen deutlich angehoben werden, ab denen der Soli fällig wird. Profitieren sollen in einem ersten Schritt Singles bis zu einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 52000 Euro (Ehepaare: 104000 Euro). Wer drüber liegt soll zunächst weiter den Soli zahlen, allerdings verspricht die SPD auch den Besserverdienenden eine „stufenweise“ rasche Ausstiegsperspektive.

Sozialabgaben

Die SPD verspricht, dass der Anteil der Arbeitgeber an den Beiträgen zur Krankenversicherung dem der Arbeitnehmer wieder angeglichen wird. Das entlaste die Versicherten unterm Strich um fünf Milliarden Euro – zulasten der Arbeitgeber. Die SPD will außerdem eine zusätzliche Beitragsentlastung für Arbeitnehmer einführen, die zwischen 451 und 1300 Euro verdienen. Durch Steuerzuschüsse sollen deren Rentenansprüche erhalten bleiben, aber die Beiträge gesenkt werden.

Einkommensteuer/Abgeltungssteuer

Bisher wird bei Singles ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von rund 54000 Euro der aktuelle Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällig. Die Schwelle, ab der künftig 42 Prozent zu zahlen sind, soll auf 60000 Euro verschoben werden. Danach allerdings soll der Steuersatz weiter steigen. Künftig soll dann ab 76200 Euro zu versteuerndem Einkommen der neue Spitzensteuersatz von 45 Prozent fällig werden (für Ehepaare gelten Einkommensgrenzen in doppelter Höhe). Der schon heute erhobene Drei-Prozent-Aufschlag für Top-Verdiener soll weiter ab einem zu versteuernden Einkommen von 250000 Euro jährlich (Ledige) oben drauf geschlagen werden, wodurch sich die Steuerlast in der Spitze von 45 auf 48 Prozent erhöhen würde. Die Abgeltungssteuer, mit der Kapitalerträge vergleichsweise niedrig belastet werden, soll abgeschafft werden. Einkommen aus Arbeit und Kapital will die SPD wieder gleich besteuern.

Erbschaftsteuer/Vermögensteuer/Finanztransaktionssteuer

Sehr große Vermögen will die SPD stärker belasten. Dabei hat die SPD vor allem die Erbschaftsteuer im Blick. „Wir werden sehr große Erbschaften höher besteuern“, heißt es. Was allerdings unter einem „sehr großen“ Erbe zu verstehen ist, bleibt ebenso offen, wie die letztendliche Höhe und Ausgestaltung der angestrebten Besteuerung. Bemerkenswert ist, dass die SPD in diesem Wahlkampf auf Betreiben des Parteichefs auf die Forderung nach einer Vermögensteuer komplett verzichten soll. Schulz hat die Absage an die Vermögensteuer zu seinem persönlichen Anliegen erklärt, denn das Wahlprogramm sei die „Vorlage des Parteivorsitzenden und des Kanzlerkandidaten“. Die Jusos haben allerdings bereits deutlich gemacht, dass sie sich mit diesem „Basta“ des Parteichefs auf dem Parteitag am Wochenende nicht abfinden werden. Unstrittig ist, dass die Einführung einer Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte auf europäischer Ebene (Finanztransaktionssteuer) unter sozialdemokratischer Führung endlich angegangen werden soll.

Mehrwertsteuer

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ist für die SPD kein Thema, wohl aber die Überprüfung „besonderer Privilegien für einzelne Interessensgruppen, etwas für Hoteliers.“ Die SPD will also die lange Liste der Produkte und Dienstleistungen prüfen, für die der verringerte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben wird. „Auch andere steuerliche Subventionen“ wolle man „überprüfen“.

Vorstandsvergütungen

Mit den Mitteln des Steuerrechts will die SPD auf Managergehälter Einfluss nehmen, weil diese oft unangemessen hoch seien. Um dies einzudämmen, will die SPD „die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern auf 500000 Euro begrenzen.“