Wenn die Weiler Lehrerin Karolina Nourddine Spenden sammelt, liefert sie Ivan Bogdan in die Kriegsgebiete der Ukraine. Ihm geben jetzt die Panzer Hoffnung.

Der Termin per Videokonferenz fängt verspätet an: Ivan Bogdan, der in der Nähe von Butscha in der Ukraine wohnt, hat Probleme mit dem Strom, und damit auch mit der Internetverbindung. Es ist jener Tag vergangene Woche, an dem im ganzen Land Luftsirenen ertönen, der Strom wird abgeschaltet – nur ein Aggregat läuft jetzt. „Es gibt ein neues Geräusch in der Ukraine“, scherzt Bogdan. An jeder Straßenecke summt inzwischen ein solches Stromaggregat.

 

Im Moment, so berichtet der 47-Jährige, gehe es ihm gut: Es gibt Wasser, es ist warm, er hat Strom – wenn auch nur für wenige Stunden am Tag. „Die Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse hat sich gewandelt“, sagt er. „Es geht mir gut im Vergleich zu anderen.“ Selbst bei bedrückenden Themen sieht er immer das Positive, etwa, dass sein kleiner Sohn es spannend findet, wenn seine Familie abends bei Kerzenschein zusammensitzt.

Erst vor Kurzem in Bachmut unterwegs

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine liefert Ivan Bogdan in den schlimmsten ukrainischen Kriegsgebieten Hilfsgüter aus, die hierzulande gesammelt werden. Mit der Weil der Städter Lehrerin Karolina Nourddine, die bereits mehrfach Spendenaufrufe in der Keplerstadt gestartet hat, pflegt er inzwischen eine enge Freundschaft. Persönlich begegnet sind die beiden sich bisher noch nicht. Inzwischen hat Bogdan wieder angefangen, zu arbeiten, er ist bei der deutschen Firma Winkhaus angestellt. Trotzdem fährt er jedes Wochenende in die Ostukraine, um Hilfsgüter auszuliefern, jüngst etwa ins stark umkämpfte Bachmut. Wie das für ihn sei, regelmäßig der Gefahr entgegen zu fahren? Er komme damit klar, sagt Bogdan, verweist auf seine verhältnismäßig komfortable Position. Seine Landsleute, seine Kameraden an der Front, hätten das nicht. „Es macht es, weil es sein Land ist“, übersetzt Karolina Nourddine. „Er möchte nicht, dass der Krieg in sein Haus kommt.“

Den Fokus legt Bogdan bei seinen Lieferungen besonders auf die ukrainischen Truppen, bringt den Soldaten also Schuhe, Uniformen, Drohnen, Erste-Hilfe-Kits, Thermokleidung oder Wärmepflaster. Auch Spitzhacken und Holzsägen fährt er an die Front – damit dort Schützengräben gebuddelt werden können. „Wenn du nicht buddelst, bist du tot“, sagt Bogdan. Im Kino sehe man regelmäßig Kriegsbilder – in der Realität sei alles ganz anders. „Krieg kann man nicht beschreiben.“

Für 1000 Jahre ausruhen

Irgendwann, wenn der Krieg vorbei ist, will er ans Meer fahren, sich in den Sand werfen und für 1000 Jahre ausruhen, sagt Bogdan. Aber bis dahin ist noch viel zu tun. Ein wenig Hoffnung geben ihm die kürzlich zugesagte Panzerlieferung. Mit dieser könne man aus der Phase des Krieges ausbrechen, in der man nur verteidigt – und in die Offensive gehen. „Die Hilfe geht jetzt in eine ganz andere Phase“, so der 47-Jährige. Bald geht es für ihn wieder Richtung Bachmut, dort liefere er rund eine Tonne Hilfsgüter aus.

In Weil der Stadt sammelt Karolina Nourddine weiterhin fleißig Spenden, verkauft mit ukrainischen Familien Kuchen und verkauft ihre eigene Kunst, von deren Erlös sie das Equipment kauft, das Ivan Bogdan braucht. Wenn ihr Freund von seinen Berichten aus der Ukraine erzählt, treibt sie das an: „Es motiviert mich, weiter zu machen.“ Eine nächste Ausstellung mit Kunst für den guten Zweck ist für Mai geplant.

Info Über aktuelle Spendenaktionen und den Verkauf ihrer Kunst informiert Karolina Nourddine auf ihrem Instagram-Kanal @karolinanourddine. Ivan Bogdan berichtet, ebenfalls auf Instagram unter @ivbogdan, wo welche Spenden ankommen.