Am 26. Januar, Australiens offiziellem Nationalfeiertag, lädt eine kleine engagierte Gruppe an Stuttgarter Australiern in den Biddy Early’s Irish Pub in Stuttgart. Das Ziel: Geld für ihre Landsleute zu sammeln, die von den Buschbränden getroffen sind.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Der Gedanke kam ihr während einer Autofahrt. Giorgia Tzar saß mit ihrem Mann im Wagen und war unendlich traurig. Seit Wochen dominierten die Meldungen von den Buschfeuern die Nachrichten. Statt der winterlich-kargen Landschaft, die am Autofenster an ihr vorbeiflog, standen Tzar die Bilder von in Flammen stehenden Wäldern, verbrannten Landschaften, abgebrannten Häusern, fliehenden Menschen und verdurstenden Koalas vor dem inneren Auge. Sie hatten sich in ihr Gedächtnis eingebrannt.

 

Tzar kennt diese Buschfeuer: Die 25-Jährige ist Australierin und in den Bergen bei Melbourne aufgewachsen. „Buschfeuer gab es in Australien schon immer“, sagt Tzar, „aber dieses Jahr ist das Ausmaß viel größer, als ich es als Kind je erlebt habe.“ Zudem stelle sie fest, dass die Buschfeuer-Saison immer länger werde: „Als ich ein Kind war, hat die Buschfeuer-Saison im Januar oder Februar begonnen, inzwischen ist es bereits im November schon so trocken, dass leicht und oft Feuer ausbrechen.“

Tzar traf im Auto einen Entschluss: Sie würde eine Spendenaktion ins Leben rufen

Tzar, wie sie da im Auto saß, fühlte sich machtlos. Sie lebt seit dem Jahr 2012 in Deutschland. Ursprünglich wollte sie nur ein Jahr lang bleiben, im Zuge des Work-and-Travel-Programms. „Gekommen bin ich also wegen der Arbeit, geblieben bin ich wegen der Liebe“, sagt sie. Sie ist inzwischen verheiratet, lebt in Stuttgart und arbeitet beim Passivhaus Institut in Darmstadt, einem Forschungsinstitut für Bauphysik. Zudem ist sie Association Managerin der International Passive House Association, ein internationales Mitgliedernetzwerk zur Förderung von Passivhäusern.

„Ich fühle mich in Deutschland zu Hause“, sagt Tzar, die die australische Staatsbürgerschaft hat. Anfangs habe sie Australien und Deutschland noch verglichen, das aber tue sie lange nicht mehr. „Ich vermisse vor allem meine Freunde und Verwandten“, sagt sie. Und eben um und mit der Familie und den Freunden bangt sie nun. „Da, wo ich herkomme, brennt es zwar aktuell nicht, aber die Region mit ihren Eukalyptuswäldern ist eine Gefahrenzone“. Tzar traf im Auto einen Entschluss: Sie würde eine Spendenaktion ins Leben rufen.

Das gesammelte Geld geht an den Disaster Resilience and Recovery Fund

Zusammen mit rund 20 anderen in Stuttgart lebenden Australiern, die sich über die Facebook-Gruppe „Aussies in Stuttgart“ und dem Stuttgart Australian Football Club kennen, organisiert Tzar eine Veranstaltung, um Spenden zu sammeln. Am 26. Januar, Australiens offiziellem Nationalfeiertag, lädt die kleine Gemeinschaft an Stuttgarter Australiern in den Biddy Early’s Irish Pub in Stuttgart, Marienstraße 28. Zwischen 14 und 2 Uhr wird es dort neben einem Pub-Quiz (15 Uhr) Live-Musik und eine Tombola geben. Tzar hofft auf viele Besucher – und freilich nicht nur auf die 209 Australier, die laut dem Statistischen Amt in Stuttgart leben (Stand 30. September 2019). „Klar, uns Australier betrifft es persönlich, weil wir Familie, Freunde und Häuser und Erinnerungen in und an Australien haben – aber es gibt auch viele Stuttgarter, die schon einmal in Australien waren und gerne helfen möchten – ich hoffe, dass der Pub die ganze Zeit voll ist“, sagt Tzar. Der Eintritt beträgt 10 Euro, die komplett gespendet werden.

Das gesammelte Geld – auch das aus der Tombola – geht an den Disaster Resilience and Recovery Fund, den die Foundation for Rural and Regional Renewal (FRRR), also die Stiftung für ländliche und regionale Erneuerung, ins Leben gerufen hat. Schirmherr ist David Hurley, der Generalgouverneur von Australien. „Das ist eine seriöse Stiftung“, sagt Tzar. „Sie kümmert sich darum, dass nicht-gewinnorientierte Gruppen Wiederaufbauarbeiten in betroffenen Gemeinden unterstützen, besonders in denen, die nach den Bränden vergessen wurden.“

„Wir wollen die Menschen mit unserer Aktion zusammenbringen“

Apropos: Wie Australiens Politik mit den Buschfeuern umgeht, stößt bei der australischen Bevölkerung durchaus auch auf Kritik. Tzar will sich dahingehend aber nicht äußern: „Die Australier hier haben ganz verschiedene Meinungen dazu, wir aber wollen die Menschen mit unserer Aktion zusammenbringen – und nicht spalten“, sagt sie. Freilich: man soll kein Öl ins Feuer kippen. Sondern lieber Geld in den Spendentopf.

Momentan sammelt das Organisationsteam noch Tombola-Preise: Australiaday.stuttgart@gmail.com. Außer bei der Veranstaltung kann auch jederzeit direkt an www.frrr.org.au gespendet werden.