Mit Puppen, Teddys und Fahrrädern für Heimkinder startete die Spendenaktion der Stuttgarter Zeitung vor genau 50 Jahren. Seither konnten dank der Hilfsbereitschaft der StZ-Leser und -Leserinnen unzählige bedürftige Menschen durch „Hilfe für den Nachbarn“ e. V. unterstützt werden.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Unsere Spendenaktion hat Geburtstag: Vor 50 Jahren starteten Redakteure der Stuttgarter Zeitung zum ersten Mal eine Sammlung – damals ausschließlich für Waisenkinder. Dank der Hilfsbereitschaft der Leser und Leserinnen wurde daraus eine einzigartige Erfolgsgeschichte: Allein seit 1989 spendeten sie sage und schreibe fast 41 Millionen Euro – eine gewaltige Summe, die bedürftigen Menschen das Leben am Limit erträglicher machen konnte.

 

In diesem Jahr, das von der Corona-Pandemie geprägt ist, erfahren wir alle, wie es sich anfühlt, im Teil-Lockdown zu leben. Menschen am Existenzminimum sind gewissermaßen immer in dieser Situation: kein Kino, kein Theater, kein Konzert, kein Restaurantbesuch. All das bleibt ihnen aus finanziellen Gründen versagt.

Wichtiger als Geld ist oft das Mitgefühl

„Hilfe für den Nachbarn“ kann grundsätzlich nichts daran ändern, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet. Aber die Spendenaktion kann hier und da einen Missstand beheben. Manchmal ist es nicht einmal in erster Linie die Geldspende, die besonders zählt: „Dass es jemanden gibt, der an sie denkt, ist für viele Leute sehr wichtig“, sagt Ingrid Nicklaus, die bei der Evangelischen Gesellschaft seit zwölf Jahren Spendenanträge an „Hilfe für den Nachbarn“ verwaltet und weiterleitet.

Das ist seit Anbeginn ein Markenzeichen der Aktion: Spendenanträge gehen stets über karitative Einrichtungen ein. Dort wird die Bedürftigkeit geprüft und geklärt, ob die gewünschten Gegenstände oder Leistungen notwendig sind. Die Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen dieser 80 Partnerorganisationen sind die Vertrauenspersonen für die Spendenaktion. An sie gehen auch die bewilligten Geldspenden und werden von dort zweckgebunden an die Empfänger ausbezahlt.

Von der Putzkolonne ins Management

Manchmal kann es schon ein Kleiderschrank sein, der viel bewirkt: So wie bei der jungen Frau, die aus prekären Verhältnissen kommt und in ihrer Jugend durch falsche Freunde mehrfach auf die Nase fiel. Für ihre erste Wohnung hatte sie vor Jahren Geld für einen Schrank erhalten. Der Grundstock für die eigene Bleibe. Bei einem Speed-Day der Industrie- und Handelskammer, an dem junge Leute zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, trafen wir sie zufällig wieder. Dort fand sie ihren Weg: Heute ist sie verbeamtet und hat geheiratet. Oder der junge Mann, der nach der Fahrprüfung ein Foto an „Hilfe für den Nachbarn“ schickte, das ihn mit seinem Führerschein zeigt. Als angehender Anlagenmechaniker wurde eine Fahrerlaubnis verlangt. Aus eigener Kraft konnte er sie nicht finanzieren. Mit dem Führerschein besorgte er sich sofort einen Nebenjob als Pizzabote. Eine unglaubliche Geschichte ist auch die des jungen Flüchtlings, der sich von der Putzkolonne über den Zimmerservice bis zum Hotelfachmann emporgearbeitet hat. Möglich war dies, weil ihm durch eine Spende der weiterführende Sprachkurs finanziert wurde.

Guter Schulstart für die Kinder

Familie S. hat dank ein paar neuer Möbelstücke ein besseres Selbstwertgefühl: „Auch die Schulranzen für die Zwillinge zur Einschulung konnten sie nicht kaufen. Durch die Möbel und Schulsachen hatten die Kinder einen gleichberechtigten und guten Start in die Schule. Die Eltern fühlten sich jetzt als gute Eltern“, schreibt die betreuende Sozialarbeiterin. Die Lehrerin, der „Hilfe für den Nachbarn“ vor vielen Jahren das Schulgeld für die Ausbildung zur Waldorf-Pädagogin teilweise spendieren konnte, drehte den Spieß um und gehört mittlerweile zu den treuen Spenderinnen, wohlgemerkt, zu jenen, die längst nicht mehr in Stuttgart und Umgebung wohnen, sondern der Aktion selbst aus dem Ausland noch die Treue halten.

„Bei der ,Hilfe für den Nachbarn‘ ist es eben nicht so wie bei den Ämtern“, lobt Ingrid Nicklaus. „Auch die Spendenaktion hat ihre Regeln. Aber es wird immer der individuelle Fall betrachtet, und da kann es auch eine Ausnahme von der Regel geben. Und wenn es schnell gehen muss, dann geht es schnell.“ Das gilt zum Beispiel für zu Bruch gegangene Brillen. Seitdem die Krankenkassen zunehmend restriktiver bei ihren Leistungen sind, steigt die Zahl der Spendenanträge für Sehhilfen und Zahnbehandlungen. Sie machen rund 13 Prozent aller Spenden aus, die vergeben werden. Mit 46 Prozent sind Möbel und Elektrogeräte von jeher der größte Posten.

Rettung für die Schwäbische Tafel

Wann immer am Ende eines Geschäftsjahres noch Geld auf dem Konto ist, fördert die Spendenaktion soziale Projekte. Das ist seit ihren Anfängen eine Tradition. Die Unterstützung soll dabei möglichst vielen zugutekommen. Deshalb erhielt die Schwäbische Tafel mehrfach große Spenden. Zu Beginn der Corona-Krise konnte sie so sogar gerettet werden. Über die Jahre hinweg konnte „Hilfe für den Nachbarn“ mehrfach mit einem Zuschuss für die Transporter helfen. Deswegen prangt auf manchem Tafel-Auto das Logo der Aktion. „Unsere Transporter brauchen einen speziellen Hygieneausbau. Sie müssen einen Kühl- oder Tiefkühleinbau besitzen und nach dem Transport heiß ausgedampft werden. Das kostet“, erklärt Hilli Pressel vom Leitungsteam der Tafel. Haupteinnahmequelle der Tafelläden sind die Minibeträge, die Kunden bezahlen.

In Zeiten ohne Corona-Restriktionen versorgt der Verein „Frühstück für Kinder“ morgens rund 650 Mädchen und Jungen in Stuttgarter Brennpunktschulen mit Müsli und Broten. 2009 wurde der Verein von Roland Sauer gegründet. „Ohne die Spenden von ,Hilfe für den Nachbarn‘ hätten wir das nicht stemmen können“, sagt Sauer. Vor einem Jahr hat er die Leitung des Vereins an seinen Sohn Jürgen übertragen. Derzeit werden zwölf Schulen versorgt. In Pandemiezeiten werden Vesperpakete ausgegeben, weil das gemeinsame Frühstück untersagt ist. Seit zehn Jahren wird das Projekt von „Hilfe für den Nachbarn“ unterstützt, und auf diese Weise haben die Leser und Leserinnen der Stuttgarter Zeitung auch einen kleinen Teil zur Chancengleichheit für benachteiligte Kinder beigetragen.

So können Sie helfen

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie helfen wollen, bitten wir um Spenden auf das Konto:

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Hilfe für den Nachbarn

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