Gut fünf Monate nach Bekanntwerden der Fälschungen um den Reporter Claas Relotious hat der „Spiegel“ ein neues Regelwerk und eine Ombudsstelle ein, bei der Leser und Kollegen Ungereimtheiten in Artikeln melden können.

Hamburg - Der „Spiegel“ richtet nach dem Fall Relotius eine Ombudsstelle ein, bei der Leser und Kollegen Ungereimtheiten in Artikeln melden können. Insgesamt sollen fast 40 Vorschläge zur Verbesserung der Recherche-, Dokumentations- und Erzählstandards umgesetzt werden, die von der Aufklärungskommission nach den Fälschungen des früheren „Spiegel“-Reporters Claas Relotius vorgeschlagen wurden, sagte „Spiegel“-Chefredakteur Steffen Klusmann bei der Präsentation des Abschlussberichts der Kommission am Freitag in Hamburg.

 

In Zukunft soll jede Woche eine Geschichte aus dem Heft „erweitert verifiziert“ werden. Dass die Fälschungen nicht früher aufgefallen sind, lasse sich weder schönreden noch rückgängig machen, sagte Klusmann. „Aber es ist Anlass für uns, besser zu werden.“

Umgang mit Juan Moreno schockierte

Nachdem im Dezember bekanntgeworden war, dass der damalige „Spiegel“-Redakteur Relotius über mehrere Jahre hinweg Tatsachen verfälscht und Geschichten erfunden hat, hatte das Magazin eine Kommission mit der Aufarbeitung der Fälle beauftragt. Die Kommission sei nach journalistischen Methoden vorgegangen, sagte Brigitte Fehrle, frühere Chefredakteurin der „Berliner Zeitung“. Gemeinsam mit „Spiegel“-Nachrichtenchef Stefan Weigel und dem Blattmacher des Heftes, Clemens Höges, bildete sie die Kommission. Höges rückte im April in die Chefredaktion des „Spiegel“ auf und wirkte daher nicht mehr in der Kommission mit. Vorerst arbeitet die Kommission bis Ende Juni weiter und soll für Gespräche im Haus zur Verfügung stehen.

Die Fälschungen in Relotius’ Texten hätten ihrer Meinung nach auch in anderen Redaktionen passieren können, sagte Fehrle. Was sie aber am meisten schockiert habe, sei der Umgang mit Juan Moreno, als er die ersten Hinweise auf Ungereimtheiten und Lügen an seine Arbeitgeber gegeben hatte. Er sei über viele Wochen hinweg gegen Wände gelaufen, bis ihm endlich jemand geglaubt hat. Die Kommission erhebt in ihrem Bericht schwere Vorwürfe gegen die damaligen Vorgesetzten von Relotius.

Wirtschaftlich sei der „Spiegel“ „mit einem blauen Auge davongekommen“, sagte Geschäftsführer Thomas Hass. Dass der Imageverlust nicht größer sei, liege mit Sicherheit daran, dass die Redaktion direkt für Transparenz gesorgt habe. Anzeigenrückgänge, die mit den Fälschungen in Zusammenhang stehen könnten, seien nicht registriert worden.