Der Landwirt und Gastronom Uli Siller verkauft in Spiegelberg-Vorderbüchelberg Christbäume. Er erlebt immer wieder bizarre Ehekonflikte vor dem frohen Fest – oh je, du fröhliche.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Spiegelberg - Uli Siller hat für alle Herren der Schöpfung, die nicht als „Alleinentscheider“ zum Christbaumkauf aufbrechen, eine guten Rat: „Haltet Euch zurück!“ Am Ende bestimme nämlich sowieso immer die Gattin. Es habe also gar keinen Sinn, sich über die Krümmung des Stamms zu streiten. Oder über die Größe des Baum, ob die edle Tanne nun zu viele oder doch zu wenige Äste hat. Uli Siller hat das alles schon zigmal miterlebt und winkt ab. Seine Botschaft ist so klar wie Kloßbrühe. Damit es nicht heißt oh je, du fröhliche: „Lasst in Gottes Namen die Ehefrau sagen, welcher Weihnachtsbaum es sein soll.“

 

Die allermeisten Käufer entschieden sich seit geschätzt zwei Jahrzehnten für eine Nordmanntanne, erklärt Siller an diesem kalten Nikolaustag bei der traditionellen Weihnachtsbaum-Pressekonferenz der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), die diesmal bei den Sillers in Spiegelberg-Vorderbüchelberg stattfindet. Die Nordmanntanne sei besonders gefragt, „denn die stupft nicht.“ Er biete auch andere Baumarten an, Fichten zum Beispiel, aber die seien halt kaum gefragt. Gerhard Strobel, der Kreisvorsitzende der SDW und studierte Forstwissenschaftler, wirbt bei dem vor-Ort-Termin für „Bäume der kurzen Wege“, also für Kiefer, Tanne und Co. aus dem Schwäbischen Wald. Von Importwaren, zum Beispiel aus Dänemark, oder gar von zusammenlegbaren Plastikbäumchen aus Fernost hält der ehemalige Murrhardter Schultes nichts.

„Ich brauche keine Fitness-Studio“

Bei Uli Siller können sich die Käufer ihren Baum aussuchen, bevor er geschlagen wird. Der 55-Jährige und seine Familie betreiben an der äußersten Kreisgrenze einen Gasthof mit Fremdenzimmern, Tagungsräumen, einer Sauna und manchem mehr. Die Sillers bewirtschaften 60 Hektar Land. Der Christbaumverkauf laufe nebenher, sagt der Mann mit dem wettergegerbten Gesicht. Die Arbeit draußen an der frischen Luft, am Steilhang wo die Bäumchen wachsen, ist für ihn Erholung pur. „Ich brauche kein Fitness-Studio, keinen Psychiater und auch sonst keinen Doktor“, sagt er und grinst. „Ein Stück Idealismus“ nennt er seine schweißtreibende Arbeit, viel Geld könne er mit den Bäumen nicht verdienen.

Die Weihnachtsbäume der Direktvermarkter aus dem Schwäbischen Wald werden auch in einigen Städten und Gemeinden im Umland verkauft. Die Sillers zum Beispiel stehen demnächst wieder auf der Bärenwiese in Ludwigsburg, vom 12. Dezember bis Heiligabend, 14 Uhr. Wer kurz vor knapp komme und auf ein Schnäppchen setze, der, sagt Siller, habe Pech. Er gebe keinen Rabatt.

Eine Herausforderung beim Schmücken

Falls ein Kunde doch mal einen „scheps gewachsenen Baum“ gekauft haben sollte und daheim Ärger bekommt, Uli Siller hätte auch für diesen Fall eine Tipp. Der Mann solle der Gattin erklären, dass bei so einem Baum das Schmücken eine echte Herausforderung sei. Andere Bäume seien „von Haus aus schön, die müssten eigentlich gar nicht mehr geschmückt werden“.

Der beliebteste Baum ist die Nordmanntanne

Bäume
Laut Auskunft der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) stehen Jahr für Jahr rund 29 Millionen Weihnachtsbäume in den Wohnzimmern in Deutschland. 90 Prozent aller privaten Haushalte mit mehr als drei Personen kauften Christbäume. Die meisten Bäume werden im Alter zwischen acht und zwölf Jahren geerntet. Die Bäume von Uli Siller in Vorderbüchelberg kosten zwischen 18 und 60 Euro. Seltene Exemplare, etwa 3,5 Meter hohe Nordmanntannen, sind deutlich teurer: 100 bis 120 Euro. Laut SDW sind mehr als 75 Prozent aller Christbäume Nordmanntannen, es folgen die Blaufichten (13 Prozent) und sonstige Fichten (neun Prozent). Das wichtigste Importland sei Dänemark. Jährlich würden geschätzt knapp drei Millionen Bäume importiert. Lediglich zwei bis drei Prozent der deutschen Christbäume werden exportiert.

Branche
In Deutschland gibt es etwa 12 000 haupt- und nebenerwerbsmäßige Produzenten von Weihnachtsbäumen. Laut SDW sichert die Produktion rund 100 000 Dauer- und Saisonarbeitsplätze. In der Verkaufssaison kämen noch rund 50 000 Jobs hinzu. Der jährliche Umsatz der Branche dürfte bei fast 700 Millionen Euro liegen. In Deutschland wachsen die meisten Christbäume in Nordrhein-Westfalen.