Warum der Spielehersteller trotz enormer Nachfrage, ausgelasteter Kapazitäten und hoher Investitionen nur um ein Prozent gewachsen und der US-Markt eingebrochen ist.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Ravensburg - Beim Spielehersteller Ravensburger ist die Nachfrage ungebrochen, allerdings haben Logistikprobleme in den USA das Unternehmen Umsatz gekostet.

 

Drei-Schicht-Betrieb, Wochenendarbeit, Überstunden – die Kapazitäten bei dem Spielehersteller, der am Stammsitz Ravensburg und im tschechischen Polička produziert, sind vollausgelastet und werden noch weiter ausgebaut. „Dass ein Teil unserer Ware auf dem Weg zum Kunden festsaß, hat uns in den USA jedoch Umsatz gekostet“, sagte Finanzvorstand Hanspeter Mürle bei einer Videokonferenz.

US-Markt bricht um 19 Prozent ein

Zu den Frachtproblemen kamen noch Logistikprobleme, weil Ravensburger am US-Markt drei Logistikzentren an einem Standort zusammenlegte. Dabei gab es Anlaufschwierigkeiten, auch weil man Probleme hatte, Mitarbeiter zu finden. Ravensburger konnte nicht ausliefern, was die Kunden bestellt hatten. „Sonst hätten wir ein deutlicheres Gruppenwachstum erzielt“, sagte Ravensburger-Chef Clemens Maier. Seit Januar 2022 hat man Logistikprobleme im Griff.

Längerfristig kann sich Ravensburger eine Produktion in den USA vorstellen, „aber die Pläne sind nicht spruchreif“. In den USA, dem zweitgrößten Absatzmarkt von Ravensburger, ist der Umsatz um 19 Prozent eingebrochen, absolute Zahlen nannte Maier nicht. Während in Deutschland die Umsätze leicht zulegten, stiegen sie in den für Ravensburger wichtigen Auslandsmärkten wie etwa Großbritannien (plus 14 Prozent), Frankreich (plus sieben Prozent), Italien (plus 19 Prozent), Spanien (plus 21 Prozent) und Skandinavien (plus sieben Prozent).

Der Umsatz des Familienunternehmens legte 2021 nur leicht um rund ein Prozent auf 636 Millionen Euro zu. Nach einem Rekordwachstum von 20 Prozent im Jahr zuvor arbeitete Ravensburger an seinen Kapazitätsgrenzen und baute Fertigung und Logistik an beiden Produktionsstandorten aus. Auch in diesem Jahr soll in Ravensburg eine weitere Puzzlestanzmaschine, eine Digitaldruckmaschine und in Tschechien noch eine Spritzgussmaschine angeschafft werden. Binnen drei Jahren (von 2020 bis 2022) investiert der Spielehersteller mehr als 100 Millionen in den Ausbau von Fertigungskapazitäten und Arbeitsplätzen. Die Zahl der Beschäftigten ist um 109 auf 2413 gestiegen, weitere Mitarbeiter sollen eingestellt werden – auch in Ravensburg.

100 Millionen Investitionen

Nach einem regelrechten Puzzleboom 2019 und 2020 legte Ravensburger beim Puzzleumsatz erneut um fünf Prozent zu und fertigte letztes Jahr 32,4 Millionen Puzzles – das sind gut vier Millionen mehr als im Jahr zuvor.

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Am meisten verkauften sich personalisierte Puzzles, bei denen Verbraucher ihre eigenen Fotos hochladen können – gefolgt von Lizenzthemen wie Pokémon oder Harry Potter.

„Malen nach Zahlen“-Reihe auch bei Erwachsenen beliebt

Hoch im Kurs stand auch die „Malen nach Zahlen“-Reihe, von der rund 2,6 Millionen Produkte verkauft wurden und die auch bei Erwachsenen immer beliebter wird. Einen guten Lauf hatte das Kugelbahnsystem „Gravitrax“, das sich 700 000 Mal verkaufte, ebenso die Rätsel-Reihe „Echoes“, die in Kombination mit dem Smartphone gespielt wird. Binnen vier Monaten wurden davon 170 000 Spiele verkauft. Noch dieses Jahr kommt die Neuauflage des Lesestifts Tiptoi auf den Markt – samt Ladestation. Um Innovationen zu fördern, will Ravensburger einen zweistelligen Millionenbetrag investieren und sich auch an Start-ups beteiligen. Möglicherweise werde noch diese Woche der erste Vertrag mit einem kreativen Gründer unterzeichnet, so Maier.

Produkte werden im Schnitt um fünf Prozent teurer

Im laufenden Jahr will der Spielehersteller wieder deutlicher wachsen, nannte aber keine konkrete Zahl. Wegen gestiegener Kosten sollen die Preise um durchschnittlich fünf Prozent angehoben werden.

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Die Internationalisierung wird weiter vorangetrieben, so hat man mittlerweile eigene Niederlassungen in China und Polen. Beide Märkte seien vielversprechend, denn das durchschnittliche Einkommen wachse. Auch das Thema Nachhaltigkeit kommt voran, bis 2023 will Ravensburger klimaneutral sein.